Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Winterkorn vor Untersuchungsausschuss
(dpa) - Ein Technik-Freak, ein detailversessener Topmanager, der jede wichtige Entscheidung selbst trifft. Das war das Image Martin Winterkorns – es holt den früheren VW-Konzernchef immer noch ein. Denn auch fast eineinhalb Jahre nach seinem Rücktritt bleibt eine Schlüsselfrage im Abgasskandal: Was wusste er wann von den Manipulationen? Oder ist es vorstellbar, dass er nichts wusste?
Rückblick. Am 22. September 2015 veröffentlicht Volkswagen eine kurze Videobotschaft Winterkorns. Vier Tage zuvor hatten US-Umweltbehörden gefälschte Abgasdaten bei Dieselautos bekannt gemacht. Mit holpriger Stimme und sichtlich angespannt verspricht der Manager „schonungslose Aufklärung“. Und er spricht von „schlimmen Fehlern einiger weniger“. Das ist bis heute die VW-Lesart: Eine Gruppe von Ingenieuren aus dem oberen und mittleren Management, aber unterhalb des Konzernvorstands, war für die Manipulationen verantwortlich. Trotz einiger Hinweise, dass Winterkorn doch früher als im Septem- ber 2015 Bescheid gewusst haben könnte – Beweise dafür gibt es bislang nicht. Am Tag nach dem Video trat er zurück: „Ich tue dies im Interesse des Unternehmens, obwohl ich mir keines Fehlverhaltens bewusst bin.“Es ist bis heute die letzte öffentliche Äußerung Winterkorns zum gesamten Skandal. Das ändert sich nun. Heute will der Ex-VW-Chef vor dem AbgasUntersuchungsausschuss des Bundestags aussagen. Das Gremium soll vor allem klären, seit wann die Regierung über Manipulationen Bescheid wusste und wie eng die Abstimmung mit der Autolobby war. In welchem Umfang sich Winterkorn äußern wird, bleibt abzuwarten. Es wird damit gerechnet, dass er zu einigen Fragen schweigt – etwa mit Verweis auf Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Braunschweig. Diese prüft unter anderem den Verdacht der Marktmanipulation. Winterkorn, VW-Markenchef Herbert Diess und Ex-Finanzchef Hans Dieter Pötsch sollen im Herbst 2015 zu spät über die Folgen der Affäre informiert haben.