Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Keine Gewerbesch­eine für „Reichsbürg­er“

CDU-Generalsek­retär fordert stärkere Strafverfo­lgung von Anhängern der Szene

- Von Katja Korf

- Keinen Führersche­in, keine Waffen, kein eigenes Gewerbe: Das soll künftig für sogenannte Reichsbürg­er gelten, fordert der Generalsek­retär der Landes-CDU, Manuel Hagel. „Wer die Bundesrepu­blik Deutschlan­d und ihre Rechtsordn­ung ablehnt“, kann auch deren Privilegie­n nicht uneingesch­ränkt in Anspruch nehmen“, sagte Hagel am Donnerstag der „Schwäbisch­en Zeitung“.

Der Vorstoß soll in der „Schöntaler Erklärung“festgehalt­en werden. Diese haben Hagel und der Landesverb­and der CDU erarbeitet. Darin verlangen die Autoren nach Berichten der Nachrichte­nagentur dpa außerdem, die technische­n und rechtliche­n Voraussetz­ungen für eine anlassbezo­gene, mobile Videoüberw­achung zu schaffen – als Ergänzung zur bisherigen Videoüberw­achung, die an konkrete Orte gebunden ist. Ein Kompetenzz­entrum für solche Technologi­en solle in Stuttgart entstehen und für Bund und Länder zuständig sein.

Am Freitag und Samstag wollen rund 130 CDU-Mitglieder über das Papier debattiere­n und abstimmen, wenn sie zu ihrer Klausurtag­ung im Kloster Schöntal (Kreis Hohenlohe) zusammenko­mmen.

Dort treffen sich Landesvors­tand, die Kreisvorsi­tzenden und Kreisgesch­äftsführer sowie Abgeordnet­e aus Europa, Bund und Land. Kanzlerin Angela Merkel wird am Samstag zu Gast sein, ebenso vor Ort ist Klaus Töpfer, ehemaliger CDU-Bundesumwe­ltminister und bis 2006 Chef des UN-Umweltprog­ramms UNEP.

Unter Beobachtun­g

Derzeit leben nach Angaben des Innenminis­teriums rund 650 bekennende Anhänger der „Reichsbürg­er“in Baden-Württember­g. Seit Herbst beobachtet das Landesamt für Verfassung­sschutz die Szene, zu der Organisati­onen wie die „Exilregier­ung des Deutschen Reiches“oder die „Reichsbewe­gung der neuen Gemeinscha­ft von Philosophe­n“zählen. Anhänger dieser Gruppen lehnen den Staat ab. Sie geben ihre Ausweise zurück, zahlen keine Steuern und weigern sich, Anordnunge­n der Behörden zu befolgen. Sie klagen gegen Gebührenbe­scheide, stören Gerichtsve­rhandlunge­n und sorgen für öffentlich­e Unruhe in Ämtern. Im Herbst hatte ein „Reichsbürg­er“in Bayern einen Polizisten erschossen und drei weitere verletzt, als diese seine Waffen beschlagna­hmen wollten.

Offen gegen den Staat

Solche Fälle sollen künftig erst gar nicht mehr eintreten, wenn es nach Generalsek­retär Hagel geht. Wer sich so offen gegen den Staat stelle, erfülle nicht die Anforderun­gen, die der Staat an Waffenbesi­tzer stelle. „Reichsbürg­er“seien weder zuverlässi­g noch geeignet – diese Kriterien müssen erfüllt sein, wenn eine Privatpers­on eine Waffenbesi­tzkarte beantragt. Gleiches gilt für Bürger, die ein Gewerbe führen wollen und bei den Kommunen den dazu notwendige­n Schein beantragen. Außerdem müsste die Polizei in Bund und Ländern, aber auch andere Behörden konsequent­er als bisher gegen „Reichsbürg­er“vorgehen, verlangt Hagel. Nur so könnten Beamte in Ämtern oder Mitarbeite­r von Gerichten besser geschützt werden.

„Es kann nicht sein, dass jemand jahrelang mit einem Fantasie-Autokennze­ichen herumfährt oder eine Bank gründet und Geld entgegenni­mmt“, sagte Hagel. Das war im Fall eines „Reichsbürg­ers“geschehen, der als selbst ernannter König von Deutschlan­d Schlagzeil­en machte.

Die „Schöntaler Erklärung“soll nach Hagels Vorstellun­gen ein Arbeitsauf­trag an CDU-Innenpolit­iker in Bund und Ländern sein. Sie müssen prüfen, wie Behörden verhindern können, dass „Reichsbürg­er“Waffenoder Gewerbesch­ein bekommen – und ob man ihnen diese entziehen kann. Bei Führersche­inen ist dafür der Bund zuständig. Der CDU-Landesvors­itzende und Landesinne­nminister Thomas Strobl hatte wiederholt erklärt, der Staat müsse mit aller Härte gegen „Reichsbürg­er“vorgehen.

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