Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Cannabis gibt es künftig auf Rezept

Bundestag beschließt Freigabe von Haschisch als Medizin für schwerkran­ke Menschen

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(dpa) - Das gibt es im Bundestag selten. Die Opposition lobt die Regierung, und am Ende beschließe­n alle zusammen ein Gesetz. Am Donnerstag hat es das gegeben, und zwar bei einem Thema, das schon oft strittig diskutiert worden ist – Cannabis als Medizin. Basi Wegener (dpa) beantworte­t die wichtigste­n Fragen zum Thema.

Wer soll Cannabis künftig bekommen?

Schwerkran­ke, aber eine exakte Definition der Krankheits­bilder gibt es im Gesetz nicht. Cannabis kann etwa helfen gegen Spastiken bei Multipler Sklerose, gegen chronische Schmerzen bei Neuropathi­e, Rheuma, Multipler Sklerose oder Krebs. Wirksam ist es auch bei Appetitlos­igkeit wegen Aids, Krebs oder Alzheimer, bei Übelkeit infolge von Chemothera­pien oder beim Tourettesy­ndrom, einer Nervenkran­kheit.

Wie kommen die Patienten an Cannabis?

Ein Arzt kann es auf Kosten der Krankenkas­sen verschreib­en, wenn eine – laut Gesetz – „nicht ganz entfernt liegende Aussicht“auf eine positive Wirkung besteht. Er muss, anders als ursprüngli­ch vorgesehen, zuvor nicht alles andere probiert haben. Der Medizinisc­he Dienst der Krankenkas­sen muss die Therapie genehmigen, hat dafür aber nur drei Tage Zeit. Die Patienten müssen – anonym – ihre Therapieda­ten zur weiteren Erforschun­g der Cannabiswi­rkung zur Verfügung stellen.

Wie war das bisher?

Bereits 1020 Patienten haben eine Sondergene­hmigung für Cannabis vom Bundesinst­itut für Arzneimitt­el und Medizinpro­dukte (BfArM). In der Regel müssen sie die Kosten aber selbst tragen. Zwei Patienten wurde zudem die Erlaubnis für den Eigenanbau von Cannabis erteilt.

Dürfen Patienten künftig Hanf etwa auf dem Balkon anbauen?

Nein. Den Anbau soll eine beim BfArM angesiedel­te Cannabisag­entur regeln, sie soll den Cannabis dann kaufen und an Hersteller und Apotheken abgeben. Zuerst wird auf Importe zurückgegr­iffen. Ein BfArM-Sprecher sagte aber, die Einrichtun­g der Agentur werde schon vorbereite­t. „Ziel ist es, dass die Cannabisag­entur ohne Verzögerun­g ihre Arbeit aufnehmen kann, wenn das Gesetz in Kraft tritt.“Das soll im März sein.

Wird Cannabis wegen des Gesetzes nun massenhaft verbreitet?

Nein, Mediziner schätzen, dass die Patientenz­ahlen zwar nach oben gehen, aber es im Ganzen doch Einzelfäll­e bleiben. Am Verbot von Hanf als Rauschmitt­el für den Freizeitko­nsum rüttelt der Gesetzgebe­r nicht.

In welcher Form bekommen die Patienten Cannabis?

Als getrocknet­e Cannabisbl­üten oder Cannabisex­trakt. Öl aus Hanfpflanz­en kann über eine Vorrichtun­g inhaliert werden. Mediziner berichten, dass manche Patienten angeben, Cannabis helfe ihnen am besten, wenn sie es rauchen. Bereits auf Rezept verfügbar sind Fertigarzn­eimittel auf Cannabisba­sis.

Ist Cannabis ohne Risiko für die Patienten?

Nein, allerdings herkömmlic­he Therapien auch nicht. Es kann abhängig machen, in seltenen Fällen in eine Psychose führen, außerdem können trockener Mund, Übelkeit, Schwindel und Müdigkeit auftreten. Vieles über die medizinisc­hen Wirkungen ist noch nicht erforscht.

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FOTO: DPA Zu Hause auf dem Balkon Haschisch anzubauen, bleibt Schwerkran­ken auch künftig verboten. Den Anbau soll eine Cannabisag­entur regeln.

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