Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Schöner leben in der Massentierhaltung
Landwirtschaftsminister Schmidt will bis Ostern staatliches Tierwohl-Siegel – doch die Initiative ist umstritten
- Immer mehr Verbraucher wollen wissen, wie das Schwein lebte, dessen Fleisch sie essen. Aufschluss darüber soll ein TierwohlSiegel geben, das Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) am Donnerstag bei der Grünen Woche in Berlin vorgestellt hat.
Ein Sechseck mit der Aufschrift „Mehr Tierwohl“und dem Hinweis auf das staatliche Prädikat soll es werden. Dazu soll auf dem Siegel ein Stern abgebildet sein, für die Stufe, die die Betriebe für die gute Haltung der Tiere erreicht haben. Das Label soll zunächst für Schweinefleisch gelten, später für Geflügel. Elf Kriterien sind bisher vorgesehen. Wie viel Platz hat die Sau? Welches Futter bekommen die Tiere? Wurden die Ferkel kastriert? Wie gesund sind die Tiere und wie sehr mussten sie bis zur Schlachtung leiden? Entscheidend ist, dass die Betriebe die Tiere besser halten und versorgen, als im Gesetz bisher vorgeschrieben ist.
Schmidt geht es um die Verbraucher. Umfragen belegen, dass den Menschen in Deutschland viel am Wohl der Tiere liegt, die sie essen. Mit dem Label soll der Fleischkäufer schon in wenigen Monaten die Wahl bekommen: für Fleisch aus artgerechterer Haltung oder für Produkte von Tieren, die ein weniger gutes Leben geführt haben. „Es soll eine verlässliche Kennzeichnung geben“, sagt Schmidt. Konkret könnte das ein Zwei-Stufen-Modell für Standardund verbesserte Haltungsbedingungen bedeuten. Dabei sollen die Informationen für „jedermann begreifbar“ und die Fleischwaren bezahlbar bleiben. Denn: „Mehr Tierwohl zum Nulltarif wird es nicht geben“, sagt Schmidt.
Noch stehen nur die Eckpunkte: 70 Millionen Euro stellt Schmidts Ministerium für die Einführung des Labels bereit. Nach dem Willen des Ministers soll es bereits 2018 auf Schnitzel und Kotelett im Supermarkt zu finden sein. Doch im Hinblick auf die Bundestagswahl im September drückt der CSU-Politiker nun aufs Tempo. An Ostern sollen die Details feststehen.
Doch das freiwillige staatliche Label stößt nicht nur auf Gegenliebe. Viele Tier- und Umweltschützer halten das Siegel für einen falschen Ansatz. „Grundsätzliche Unterstützung“kommt zwar vom Deutschen Tierschutzbund, doch auch dieser fordert schärfere Gesetze, da sich für die Tiere sonst zu wenig ändere. Bauern, Fleischwirtschaft und Einzelhandel lehnen das Siegel zwar nicht ab, wollen aber an der Ausarbeitung der Details beteiligt werden.