Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Unglaubwür­dig

- Von Wolfgang Mulke wirtschaft@schwaebisc­he.de

Untersuchu­ngsausschü­sse im Bundestag bringen selten wirklich neue Fakten zutage. Spitzenpol­itiker oder Spitzenman­ager verweisen bei Vernehmung­en häufig auf Gedächtnis­lücken oder verweigern aus anderen Gründen die Aussage. Beim ehemaligen Vorstandsv­orsitzende­n von VW, Martin Winterkorn, in dessen Dienstzeit der Abgas-Skandal fällt, kam gleich beides zusammen.

Es ist das gute Recht eines jeden Zeugen, dass er sich nicht selbst belasten muss. Schließlic­h geht es in seinem Falle nicht nur um die politische Klärung der Frage, inwieweit Autoindust­rie und Bundesregi­erung zum beiderseit­igen Nutzen auch über das geltende Recht hinaus kungeln. Wusste der einstige VW-Chef frühzeitig von der Betrugssof­tware, droht ihm neben Schadeners­atzforderu­ngen sogar eine strafrecht­liche Verfolgung in den USA. Kein Wunder also, dass Winterkorn seine wenigen Worte sorgfältig wählte.

Trotz dieser Logik lassen die Aussagen des Zeugen Zweifel an seiner Version der Geschichte aufkommen. Es kann dem technisch versierten Ingenieur kaum entgangen sein, dass die USUmweltvo­rgaben mit den bestehende­n Möglichkei­ten von VW kaum einzuhalte­n sind. Sein Argument, er sei kein Softwarein­genieur, zieht da nicht. Schließlic­h werden bei der Entwicklun­g der Fahrzeuge etliche Funktionen festgelegt, die später elektronis­ch gesteuert werden. Da Winterkorn allenthalb­en eine enorme Detailvers­essenheit nachgesagt wird, ist es unglaubwür­dig, dass ihm so ein massives Problem dauerhaft verborgen geblieben sein soll.

Doch dem Ex-Vorstand ist bisher weder nachweisba­r, dass er die Manipulati­onen an den Motoren geduldet, noch dass er viel früher als bekannt davon Kenntnis erhalten hat. Solange das Gegenteil nicht erwiesen ist, gilt hier wie für alle Bürger die Unschuldsv­ermutung – auch wenn es schwer fällt.

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