Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Drill im Erziehungsheim
Freistatt (Arte, Fr., 20.15
Uhr): „Der Herr sieht alles“, mahnt der gewissenlose, als Hausvater getarnte Despot (Alexander Held) und lässt „Bruder“Wilde (Stephan Grossmann) gewähren, der die Zöglinge bis aufs Blut quält. Es ist wohl das finsterste Kapitel in der Geschichte der Diakonie, das Regisseur und Autor Marc Brummund und Koautorin Nicole Armbruster mit diesem mehrfach ausgezeichneten Film aufschlagen. Immerhin haben die Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel, die 1968 Träger des gefürchteten niedersächsischen Erziehungsheimes Freistatt waren, die Dreharbeiten als Beitrag zur Aufarbeitung ihrer Vergangenheit unterstützt. Grundlage war das Buch „Schläge im Namen des Herrn“von Peter Wensierski, der darin die Erlebnisse von Wolfgang Rosenkötter im „Moorhort“Freistatt schilderte.
Die Hauptperson in dem Film heißt ebenfalls Wolfgang (stark: Louis Hofmann). Er wird auf Veranlassung seines gewalttätigen Stiefvaters 1968 in das Erziehungsheim eingewiesen, wo die Zeit stehen geblieben ist. Während sich draußen das Leben liberalisiert, herrscht im Heim militärischer Drill wie zur NS-Zeit. Bezeichnenderweise lässt der Regisseur die Jungs das Lied von den Moorsoldaten singen … Ob hier übertrieben wird, kann ein Außenstehender wohl nicht beurteilen. Dass dieser aufwühlende Film sinnvollerweise eine verdrängte Vergangenheit aufarbeitet, darüber besteht kein Zweifel.