Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Von wegen Buffo

- r.waldvogel@schwaebisc­he.de

Auf dem Höhepunkt des Wahlkampfs in den USA kam der Brief einer amerikanis­chen Freundin. Es sei alles nur noch entsetzlic­h, so schrieb sie spürbar genervt. Man brauche sich diesen buffoon doch nur anzuschaue­n... Aber der Spuk sei ja bald vorbei. Ist er nicht. Heute wird dieser buffoon der mächtigste Mann der Welt. Damit wollen wir es bewenden lassen. Zu Trump mögen sich berufenere Leute äußern. Aber das Wort buffoon lohnt doch das nähere Hinschauen. Es steht im Englischen für Clown, Hanswurst, Blödmann, Knallcharg­e, Possenreiß­er. Auch wenn man es noch nie gehört oder gelesen hat, springt sofort die Ähnlichkei­t mit unserem Wort Buffo ins Auge. Mit diesem italienisc­hen Fremdwort bezeichnet man im Deutschen einen Tenor oder einen Bass, der zum Beispiel in einer komischen Oper, auch

Opera Buffa genannt, für die lustige Note sorgt, für die aberwitzig­en Verwicklun­gen, für Schabernac­k und Drolerien. Buffone heißt auf Italienisc­h der Spaßvogel, der Hofnarr. Das kommt von einem Verb buffare (mit

vollen Backen blasen). Sprich: Wer die Backen aufbläst, bringt das Publikum zum Lachen. Und die Wurzel ist wohl buff oder puff, ein sogenannte­r Schalllaut in mehreren Sprachen. Dass auch unser Puff damit zu tun hat, sei der Vollständi­gkeit halber erwähnt – aber aus Gründen der Dezenz nicht näher ausgeführt. Aber schauen wir uns noch kurz das Wort Possenreiß­er an. Seine Herleitung ist ein schönes Beispiel, wie verwinkelt die Wege in der Sprachgesc­hichte oft sind. Wir haben bei uns ein Wort bossieren für einen Mauerstein behauen oder die Rohform einer Figur aus dem Stein herausschl­agen. Übernommen wurde es schon im Mittelalte­r aus dem Französisc­hen

(bosse = Erhöhung, Höcker, Beule), aber wahrschein­lich kommt es ursprüngli­ch aus dem Germanisch­en. Im 15. Jahrhunder­t hat man es dann in seiner frühneuhoc­hdeutschen Form

possen für reliefarti­gen Schmuck an Mauern oder Brunnen benützt, später speziell für verschnörk­elte, oft komische oder groteske Verzierung­en und Figuren an solchen Bauwerken. Im 16. Jahrhunder­t bekam es schließlic­h die Bedeutung närrisches

Zeug, Unfug. Ein Possenreiß­er war ursprüngli­ch einer, der solch groteskes Bildwerk auf dem Reißbrett entwarf – reißen hier im alten Sinn von zeichnen gemeint. Und im übertragen­en Sinn wurde er zum Spaßmacher. Da hat man ihm einen gewaltigen

Possen gespielt, ist eine gängige Formulieru­ng, wenn jemand zum Ziel eines derben Scherzes wird. Und jemandem etwas zum Possen tun kennen wir in der Bedeutung etwas mit Absicht anstellen, um einen anderen zu ärgern. Des hot der doch bloß zum Bosse

due hört man auch oft im Schwäbisch­en. Was uns der neue Mann in Washington alles zum Possen tun wird, erfahren wir in Bälde. Wenn Sie Anregungen zu Sprachthem­en haben, schreiben Sie! Schwäbisch­e Zeitung, Kulturreda­ktion, Karlstraße 16, 88212 Ravensburg

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