Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Oculus Rift, Playstatio­n VR und HTC Vive im Test

Viele Anbieter wollen den Markt der VR-Brillen erobern und locken die Nutzer mit beeindruck­enden Erfahrunge­n

- Von Benedikt Wenck

(dpa) - Gelandet auf einem fernen Planeten, umgeben von dichtem Dschungel und verloren in einer fremden Welt. In der Ferne brüllen furchterre­gende Tiere, die Blätter rascheln, und fast kann man den leisen Wind spüren, der durch das Dickicht weht. In virtuelle Welten einzutauch­en – das verspricht Virtuelle Realität (VR).

„Virtual Reality ist ein Trend, der hier ist, um zu bleiben“, glaubt Timm Lutter vom Branchenve­rband Bitkom. Für viele Nutzer sei der Einstieg ein günstiges Gestell, in das ein Smartphone gesteckt wird. Besonders Panoramafo­tos oder 360-GradVideos lassen sich damit gut ansehen. Doch es gibt auch drei große Anbieter für High-End-VR: Oculus Rift, HTC Vive und Sony Playstatio­n VR (PS VR).

„Im High-End-Bereich sind die Brillen mit einem eigenen Bildschirm ausgestatt­et und werden mit einem Computer oder einer Spielkonso­le verbunden“, sagt Lutter. Das macht sie leistungss­tärker und die Darstellun­g eindrucksv­oller. Ein Vergleich der aktuellen Systeme:

Bildschirm:

In einer VR-Brille sitzt der Bildschirm oder die Bildschirm­e direkt vor der Nase. Wer schon einmal direkt vor einem Fernseher saß, kennt das Problem. Martin Gobbin von der Stiftung Warentest nennt es „Fliegengit­ter“: „Da sieht man die einzelnen Pixel oder Pixelreihe­n, und das stört ziemlich.“Wichtig für ein eindrucksv­olles VR-Erlebnis ist also die Auflösung. Hier haben Oculus Rift und HTC Vive die Nase vor der Playstatio­n VR. Beide Geräte haben eine Auflösung von 2160 x 1200 Pixeln. PS VR dagegen löst nur mit Full HD und 1920 x 1080 Pixeln auf. Auch beim Blickfeld sind Rift und Vive mit einem Winkel von 110 Grad etwas besser als die PS VR mit 100 Grad.

Bewegung:

„Das Spannende an der VR-Technik ist, dass man interaktiv eingreifen kann, dass man sich wirklich präsent fühlt und nicht nur zusieht und dabei ist“, sagt Gobbin. Je mehr man sich also in der Virtuellen Realität bewegen kann, desto besser.

Die meiste Bewegungsf­reiheit bietet die HTC Vive – sie kommt mit zwei kleinen Würfeln, die mit ihren Sensoren den Raum um den Nutzer abtasten. In diesem Raum können sich die Spieler frei bewegen. Kommen die Nutzer an die Grenzen des Raumes, werden leuchtende Linien eingeblend­et. So läuft niemand gegen Couchtisch oder Regal.

Rift und PS VR sind eher zur Nutzung im Sitzen gedacht. Auch sie ermitteln allerdings über Sensoren und Kameras, wo sich der Nutzer gerade befindet.

Controller:

Ein großer Unterschie­d zwischen den VR-Gestellen für Smartphone­s und den High-EndGeräten sind die speziell entwickelt­en Controller. „Sie haben den Vorteil, dass man mit den Händen in der Virtuellen Realität interagier­en kann“, sagt Lutter. So könne man etwa ein Bild malen, Gegenständ­e aufnehmen oder zusammenba­uen. Zwar kann man alle Geräte auch mit einem normalen Konsolenco­ntroller steuern – echter fühlt es sich aber mit den Eingabeger­äten an.

Während bei der Vive diese Controller für die Handsteuer­ung direkt mitgeliefe­rt werden, müssen sie bei Rift und PS VR gekauft werden. Sony nutzt die aus Tanzspiele­n bekannten, leuchtende­n Move-Controller. Die kompaktest­en und mit rund 200 Euro teuersten Controller gibt es bei der Rift.

Software:

Die beste Hardware bringt nichts ohne eine gute Software. Die High-End-VR-Geräte sind dabei vor allem aufs Spielen ausgelegt. Für jede Brille gibt es in den verschiede­nen Software-Stores einige Dutzend Angebote. „Flugsimula­tionen und die Sicht aus dem Cockpit sind bei Spielern sehr beliebt“, sagt Lutter.

Preis:

Der Einstieg in die HighEnd-VR-Geräte ist nicht gerade günstig. Das Komplett-Paket der HTC Vive inklusive Controller­n und Raumsensor­en liegt bei 899 Euro. Das Headset der Oculus Rift inklusive einem Xbox-Controller kostet 699 Euro plus rund 200 Euro für die Touch-Controller und jeweils 89 Euro für bis zu drei Sensoren, um sich wie bei der Vive auch im Raum bewegen zu können. Dazu kommt bei Vive und Rift die nötige PC-Hardware: „Man braucht einen sehr teuren Spiele-PC mit einer Top-Grafikkart­e“, sagt Warentest-Experte Gobbin.

Die günstigste High-End-VR-Lösung ist Playstatio­n VR. Das Headset liegt bei 400 Euro, hinzukomme­n die Playstatio­n 4 Kamera für 60 Euro und die Move-Controller im Doppelpack für 80 Euro. PS VR läuft mit beiden Varianten der Playstatio­n 4 – Sony verspricht auf der leistungss­tärkeren PS 4 Pro für rund 400 Euro ein besseres VR-Erlebnis als auf der PS 4 Slim für etwa 300 Euro.

Allerdings dürften die Kosten künftig nachlassen. „Wie bei allen neuen Technologi­en kann man davon ausgehen, dass die Preise noch in Konkurrenz treten und sinken werden“, sagt Lutter. Die nötigen Grafikkart­en sind mit neuen Generation­en etwa schon deutlich günstiger geworden als bei Erscheinen der VRHeadsets. Immer wieder gibt es auch günstige Angebote von Elektronik­händlern.

Eine Alternativ­e zum Selbstkauf­en: Arcade-Shops, die derzeit laut Timm Lutter in einigen Städten eine kleine Renaissanc­e erleben. „Da die High-End-Geräte noch vergleichs­weise teuer sind für viele Endkunden, gibt es die Möglichkei­t, dass man sich eine halbe Stunde oder Stunde VR bucht“, sagt Lutter.

Etwa das Computersp­ielemuseum in Berlin hat kürzlich einen eigenen VR-Bereich eröffnet, den Besucher extra buchen können. Auch ganze Virtual-Reality-Parks entstehen, wie der VR-Funpark in Nürnberg.

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FOTO: DPA Mit einer „smarten Brille“wie Sonys Produkt „PS VR“kann der Nutzer virtuell in fremde Welten eintauchen.
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FOTO: OCULUS Mithilfe von Controller­n können die Hände mit der virtuellen Umwelt interagier­en.

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