Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Seit 100 Tagen ist Kevin Wiest Schultes in Oberstadion
Inzwischen hat sich der 37-Jährige gut eingelebt und schon viel für die Gemeinde erreicht
OBERSTADION - Seit 100 Tagen ist Kevin Wiest Chef im Rathaus in Oberstadion. Mit SZ-Redakteurin Eileen Kircheis zieht er eine erste Bilanz, schaut auf das bisher Erreichte und spricht darüber, wie er seine neue Aufgabe ganz persönlich empfindet.
Seit 100 Tagen sind Sie jetzt Bürgermeister: Haben Sie sich schon in Oberstadion und Ihrem Job eingelebt?
Ich habe mich bereits sehr gut eingelebt. Die Oberstadioner machen es mir aber auch sehr einfach. Die Gemeinde ist etwas ganz besonderes. Dasselbe gilt für das Rathaus-Team, die Mitarbeiter des Bauhofs und des Krippenmuseums. Alle arbeiten hier Hand in Hand, um das beste für die Gemeinde herauszuholen und unterstützen mich wirklich gut. Früher habe ich mich immer irgendwie getrieben gefühlt und hatte immer das Gefühl, da muss beruflich doch noch mehr kommen. Seit meiner Wahl und meinem Amtsantritt ist das weg. Das zeigt mir, dass der Job das Richtige für mich ist und ich tatsächlich angekommen bin.
Gibt es Beispiele dafür, wie es Ihnen die Oberstadioner erleichtern, hier anzukommen.
Ja! Ich bin in den vergangenen beiden Wochen krank gewesen und ich habe noch nie so viele Genesungswünsche bekommen. Die Leute haben mir sogar Suppe vor die Tür gestellt. In einer großen Stadt hätte das sicher niemanden interessiert. Aber hier genießt ein Schultes noch ein besonderes Ansehen. Auch zur Jugend habe ich schon ein besonderes Verhältnis. Neulich habe ich eine Nachricht auf meine Handy erhalten, dass einige Jugendliche ein Verkehrsschild im Straßengraben gefunden haben und dass sie es dann zur Feuerwehr gebracht haben. Ich glaube, dass ist alles andere als selbstverständlich und zeigt das gute Verhältnis zum Bürgermeister.
Und der Privatmann Kevin Wiest, ist der auch schon angekommen?
Bisher hatte ich eigentlich noch gar keine Zeit, mich privat ein wenig umzuschauen. Aber das wird sich sicher bald ergeben. Von Kollegen weiß ich, dass das erste Jahr das allerstressigste ist. Als Bürgermeister ist man eben doch ständig im Fokus. Das hat Vorteile, aber so ist man eben doch auch immer irgendwie im Dienst. Früher bin ich auch einfach mal in der Jogginghose zum Bäcker gegangen. Das mache ich heute nicht mehr. Schließlich bin ich als Bürgermeister eben doch immer Repräsentant der Gemeinde.
Sind Sie davon überrascht? Oder ist der Job so, wie Sie ihn sich vorgestellt haben?
Weil ich in meinem Freundeskreis auch einige Bürgermeister habe, wusste ich, was dieser Job bedeutet. Aber dies selbst zu leben und zu erleben, ist natürlich noch etwas anderes. Es ist ein Beruf, der dich nie los lässt. Aber ich empfinde das nicht als Belastung, sondern mache das jeden Tag sehr gern.
In Ihrem Wahlflyer haben Sie sich viele Ziele gesteckt. Haben Sie davon schon einige umgesetzt?
Ziemlich viele sogar. So haben wir bereits die Gewässerschau mit dem Landratsamt abgehalten und in deren Folge das Ufer an der Mundeldinger Brücke ausgebaggert. Die Einrichtung des kommunalen Kindergartens in der Christoph-vonSchmid-Schule ist auf einen guten Weg gebracht. Außerdem habe ich die Öffnungszeit im Rathaus mit der Unterstützung meiner Mitarbeiter verbessern können. So dass jetzt auch einmal im Monat samstags geöffnet ist und das wird sehr gut angenommen. Besonders stolz bin ich darauf, dass es gelungen ist, den Zebrastreifen als Querungshilfe für die Mühlhauser Straße zu bekommen. Zu Beginn des neuen Schuljahres soll er fertig sein. Aber auch viele vermeintlich kleine Dinge sind schon gelungen. So zum Beispiel die Überarbeitung der Feuerwehrentschädigungssatzung. Und ich glaube, ich konnte auch schon wieder ein bisschen Vertrauen der Bürger zurückgewinnen. Indem Beschlüsse und Entscheidungen transparent gefällt werden und ich über vieles auch im Amtsblatt informiere.
Wie lernen Sie den BürgermeisterJob?
Das kann man nicht lernen. Das geht nur über das Erfahrungen-Sammeln. Beim Zoll habe ich auch Verwaltung gelernt, das hilft mir jetzt, weil ich dieses Wissen auch auf andere Bereiche umsetzen kann. Aber alles was hier auf mich zukommt, ist neu, darauf kann ich mich nicht vorbereiten. Bei vielen Themen sitzen aber Experten mit am Tisch. Außerdem bekommen ich beim Landratsamt oder der Verwaltungsgemeinschaft alle nötige Unterstützung. In den ersten beiden Wochen war mein Stellvertreter Georg Steinle jeden Tag hier und wenn ich jetzt noch Fragen habe, hat er immer ein offenes Ohr. Aber mit gesundem Menschenverstand, dem Blick auf die Finanzen, persönlichem Engagement und der guten Unterstützung von allen Seiten kann man die Herausforderung gut bewältigen.
Gibt es keine Seminare, die Sie besuchen müssen?
Ich müsste keine Fortbildungen machen, aber ich mache sie. Von März bis Mai besuche ich beispielsweise einige Tagesseminare bei der Verwaltungsund Wirtschaftsakademie. Auch um Trauungen abhalten zu können, gibt es eine Schulung. Im Mai werden ich das erste Paar trauen. Die Heiratsurkunde kann ich dann zwar nicht noch nicht unterschreiben, dafür muss ich eine besondere Fortbildung besuchen, aber die Unterschrift übernimmt dann unsere Standesbeamte. Die Schulung als Standesbeamter will ich aber machen, wenn in ein bis zwei Jahren die dringlichsten Aufgabe umgesetzt und angestoßen sind.
Was sind denn die anstehende Aufgaben?
Der Breitband-Internetausbau und die Errichtung des Kindergartens fordern mich derzeit jeden Tag. Das werden auch in nächster Zeit die großen Brocken sein.
Was wünsche Sie sich für die Zukunft?
Ich hoffe, dass alles weiterhin so gut läuft, wie bisher. Für meine Bürger, meine Familie und Freunde wünsche ich mir, dass sie gesund und zufrieden sind und dass der Zusammenhalt so gut bleibt. Für mich selbst wünsche ich mir, dass ich die Fähigkeit nicht verliere, mich selbst zu reflektieren. Außerdem hoffe ich auf Zeit, um mir auch Gedanken machen zu können, wohin es mit Oberstadion gehen soll. Im Moment habe ich ein bisschen das Gefühl, nur reagieren zu können. Und wenn ich ganz weit in die Zukunft schaue, wünsche ich mir, dass wir das neue Baugebiet bald ausweisen und ich dort einen Bauplatz bekomme und ein Haus in Oberstadion bauen kann.