Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Das Drama um Einsteins Familie
Eine Nachfahrin des Physikers ist auf Spurensuche gegangen – Ausstellung im Club Orange
- Albert Einstein steht in dieser Woche im Fokus der Ulmer Volkshochschule – Einstein als Wissenschaftler, insbesondere aber als Familienmitglied. Denn erstmals in dessen Geburtsstadt Ulm findet eine Ausstellung über die italienischen Verwandten und deren tragisches Schicksal statt.
Albert Einsteins Cousin, Robert Einstein, lebte während des Zweiten Weltkriegs mit seiner jüdischen Familie auf einem Landgut nahe Florenz. 1944 töteten deutsche Nazisoldaten seine Frau und leiblichen Kinder. Robert Einstein, der sich zu diesem Zeitpunkt im Wald versteckt hatte, beging in Folge Selbstmord. Nur die adoptierten Zwillinge Paola und Lorenza Mazzetti überlebten die Tragödie – und schwiegen jahrelang.
Bis die Tochter von Paola Mazzetti, Eva Krampen-Kosloski, begann, Fragen zu stellen. Die Fotografin, die heute in Rom lebt, besuchte die Orte des Geschehens, sammelte Bilder aus den Familienalben. Auch auf Briefe an Albert Einstein stößt sie. „Sie hat die Erinnerungen zusammengetragen“, sagt Nicole Pflüger. Die zuständige Fachbereichsleiterin der Volkshochschule hat die Nachfahrin auch selbst in Rom besucht. „Sie hat keine fundierte Forschung betrieben, eher eine Spurensuche“, sagt sie.
Da die Hintergründe der Tat bis heute unklar sind, berichtete die Sendung „Aktezeichen XY...ungelöst“2011 über den Mord – ohne Erfolg. Das Begräbnis der Familie ist noch heute eine Gedenkstätte.
Die Ulmer können nun bis zum 28. März mehr über die Geschichte von Einsteins Verwandten erfahren. Im Club Orange im Einsteinhaus sind die insgesamt 59 Exponate ausgestellt, die Krampen-Kosloski gesammelt hat. Als Rahmenprogramm zur Ausstellung bietet die Volkshochschule eine Reihe an Veranstaltungen an unter dem Titel „Einstein im Fokus: Familie, Wissenschaft, Politik“. Pflüger sagt: „Es ist die erste Reihe in der Volkshochschule, die Einstein in einer solchen Komplexität aufgreift.“So wird zum Beispiel der Berliner Physiker und Autor Thomas de Padova aus seinem Buch „Allein gegen die Schwerkraft. Einstein 1914-1918“lesen. Das Buch wurde im vergangenen Jahr von der Zeitschrift „Bild der Wissenschaft“zum Wissensbuch des Jahres ausgezeichnet.
Hintergrund der Veranstaltungsreihe sei, dass Ulm sich mehr als Geburtsstadt Einsteins präsentieren wolle, erzählt Pflüger. Dieses Ziel verfolgt auch der Ulmer Gemeinderat. Er denkt derzeit darüber nach, wie Ulm die Grundmauern des Geburtshauses in die „Sedelhöfe“integrieren könnte. Auf dem Areal, das sich derzeit im Bau befindet, soll auch ein Platz nach dem berühmten Physiker benannt werden.