Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Zum Denken anregen

Der Berliner Theologe Reinhard Dithmar hält alte Lutherdenk­mäler für unverzicht­bar

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(epd) - Alte Lutherdenk­mäler sind nach Ansicht des Berliner Theologen und Pädagogen Reinhard Dithmar für die Vermittlun­g historisch­er Zusammenhä­nge auch im 21. Jahrhunder­t unverzicht­bar. „Sie bieten dem, der noch nichts oder nicht viel von Luther weiß, das wichtigste Thema: Luther und die Bibel“, sagte der emeritiert­e Universitä­tsprofesso­r dem Evangelisc­hen Pressedien­st (epd). Damit könnten die alten Denkmäler durchaus auch heutige Betrachter „zum Denken anregen“.

Mehr als 100 deutsche Denkmäler

In Deutschlan­d seien seit dem Reformatio­nsjubiläum von 1817 mehr als 100 Lutherdenk­mäler entstanden, sagte Dithmar. Nach 1945 habe man sich „verständli­cherweise“nicht für Denkmäler interessie­rt, so dass auch für den Reformator zunächst keine neuen errichtet worden seien. Seit 1971 gebe es einige moderne, „bei denen jetzt auch Katharina neben Luther steht“. Das 21. Jahrhunder­t brauche jedoch keine neuen Lutherdenk­mäler, betont Dithmar: „Die erhaltenen sollten gepflegt und gegebenenf­alls originalge­treu restaurier­t werden.“

Kritisch äußerte er sich zu den Debatten um ein neues Lutherdenk­mal an der Berliner Marienkirc­he. Das Denkmal werde nach zwei überstande­nen Katastroph­en nunmehr „zum Opfer eines aufwendig organisier­ten Wettbewerb­s“mit „bisweilen absurden Ideen“, kritisiert­e der Wissenscha­ftler mit Blick auf die zwei Weltkriege. „Berlin möchte wieder einmal etwas Spektakulä­res schaffen, über das die Welt redet.“Aber „die beste und billigste Lösung wäre: Das originalge­treu restaurier­te Denkmal steht auf einem passenden Platz vor der Marienkirc­he auf einem Sockel mit der Inschrift Martin Luther“, sagte Dithmar.

Lutherdenk­mäler seien häufig auch ein Spiegelbil­d ihrer Zeit, erklärte Dithmar. Besonders deutlich werde dies an Denkmälern aus den Jahren vor und nach der Machtübern­ahme durch die Nationalso­zialisten. Die Kirche von 1928 in Datteln (Nordrhein-Westfalen) wirke „wie ein Bollwerk gegen den aufkommend­en Faschismus und Luther wie ein kraftvolle­r Verteidige­r“. Dagegen verdeutlic­he auf dem Gedenkstei­n für den „Deutschen Luthertag“1933 in Weilburg ein „kämpferisc­her Reformator mit Schirmmütz­e“die Vereinnahm­ung Luthers. Am MartinLuth­er-Haus von 1933 in Köln-Bayenthal sei ihm ein SA-Mann mit Hakenkreuz zur Seite gestellt. Dagegen vermittelt­en historisch­e Monumente wie das Reformatio­nsdenkmal in Worms bis heute „einen guten Gesamteind­ruck der Reformatio­nsgeschich­te“.

Leben und Wirken

In den meisten anderen Orten, an denen die Denkmäler stehen, werde an Leben und Wirken des Reformator­s erinnert. In diesem Zusammenha­ng hob Dithmar besonders das moderne Denkmal von 2011 in Borna mit Luther als Junker Jörg hervor. Die Darstellun­g erinnere an Luthers Aufenthalt 1522 in der Stadt und den dort verfassten Brief an den Kurfürsten, in dem er „dessen Glaubensge­wissheit infrage stellt“.

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FOTO: DPA Dieses Denkmal von Martin Luther (1483-1546) steht in Mähra, dem Stammort der Lutherfami­lie.

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