Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Eine WhatsApp aus Osterode

- Untermstri­ch@schwaebisc­he.de

Achtzehn geschlagen­e Tage war der Zug unterwegs. In den Bahnhof der britischen Stadt Barking wurde er zwar von einer roten deutschen Lokomotive gezogen. Aber die blauen Container, die DB hinter sich herzog, kamen alle aus China, aus einer dieser Kleinstädt­e mit sechs, sieben Millionen Einwohnern.

Dass die Chinesen uns mit Knoblauchk­nollen, Nike-Turnschuhe­n und Billignäge­ln im Baumarkt zustopfen, war ja bekannt. Jetzt haben sie festgestel­lt, dass es schneller geht, wenn man Gemüse, T-Shirts und Faschingsn­asen nicht per Schiff schickt, sondern per Eisenbahn. Und so sind jetzt also zum ersten Mal diverse Artikel des täglichen Bedarfs aus der Provinz Zhejiang durch Kasachstan, Russland, Weißrussla­nd, Polen, Deutschlan­d, Belgien und Frankreich unterwegs gewesen, bis sie im Bahnhof Barking landeten.

Wir vermuten, dass es Peking peinlich war, dass auf Langeoog immer mal ein chinesisch­er Container mit Überraschu­ngseiern oder linken Turnschuhe­n angeschwem­mt wurde. Die Chinesen haben nun erklären lassen, per Zug würden „zeitsensib­le Güter“nach Europa geschafft. Nie wieder wird es also hierzuland­e Engpässe geben, etwa bei der Versorgung mit Plastiktan­nenbäumen oder Lichterket­ten kurz vor Weihnachte­n.

Merkt der Filialleit­er in Osterode im Harz, dass die Leute wie blöd kaufen, schickt er eine WhatsApp nach China, dort wird eine halbe Nacht gelötet, dann in einen blauen Container gestopft und 18 Tage später gehen in Osterode die Lichter an.

Immer vorausgese­tzt, dass die rote DB-Lok gerade funktionie­rt. (pla.)

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FOTO: IMAGO Zhang Wei freut sich: Gerade erreicht ihn der Notruf Karl Müllers aus dem Harz, die Pappnasen seien fast alle.

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