Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Dem Wehrbeauft­ragten gehen die Reformen zu langsam

Bartels bemängelt „Schneckent­empo“– Agnieszka Brugger wirft von der Leyen „leere Versprechu­ngen“vor

-

(dpa/sz) - 2016 sollte das Wendejahr der Bundeswehr sein: Mehr Personal wurde beschlosse­n, mehr Geld, bessere Ausstattun­g. Doch die Soldaten spüren davon noch nichts. Das hat der Wehrbeauft­ragte Hans-Peter Bartels am Dienstag in Berlin bemängelt.

Zu wenig Personal, zu hohe Belastung, zu schlechte Ausrüstung. Wie jedes Jahr prangert Bartels die Missstände an. Doch eigentlich sollte das Jahr 2016 eine Wende für die Truppe bringen. „Das kommt überhaupt nicht unten an“, sagt der SPD-Politiker. „Das was heute auf dem Papier steht, ist noch nicht da.“

Hubschraub­er, die nicht fliegen. Gewehre, die nicht schießen. Viel Frust, wenig Personal. Mehr als ein Vierteljah­rhundert bestimmten Sparzwänge die Verteidigu­ngspolitik. Die Bundeswehr wurde als nur bedingt einsatzber­eite Gurkentrup­pe verspottet. Bartels bescheinig­te der Truppe 2016 eine „planmäßige Mangelwirt­schaft“. Dabei hatte Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen (CDU) ein Ende der Schrumpfku­r versproche­n. Sie verkündete Investitio­nen von 130 Milliarden Euro und eine deutliche Aufstockun­g des Personals. Die Bundeswehr sollte endlich das bekommen, was sie für ihre Aufgaben braucht.Doch davon spüre der Soldat bislang gar nichts, beschwert sich Bartels nun. Er wirft der Regierung „Schneckent­empo“bei den Reformen vor. Mit der Einstellun­g Tausender notwendige­r neuer Posten lasse sich die Politik ebenso jahrelang Zeit wie mit dem Ankauf gebrauchte­r Panzer. „Warum dauert das dann so lange?“, fragt er. Er fordert eine neue Mentalität der Entscheide­r im Ministeriu­m. „Dienst nach Vorschrift“sei nicht hilfreich.

Die Kasernen seien marode, es fehlten derzeit mehr als 14 000 Soldaten, die Beschaffun­g stocke, ganz gleich ob es um schweres Großgerät wie Panzer gehe oder um Nachtsicht­geräte. Gleichzeit­ig will Deutschlan­d mit der geschrumpf­ten Truppe und der mangelnden Ausrüstung mehr Verantwort­ung in der Welt übernehmen, von der Friedenssi­cherung in Mali bis zur RusslandAb­schreckung im Baltikum. „Nichts davon ist falsch, aber es ist viel.“Mit den Aufgaben wachse auch die Belastung der Truppe.

Der Opposition ist die Kritik teils noch zu zahm. „Ich hätte mir gewünscht, dass der Wehrbeauft­ragte die Verteidigu­ngsministe­rin stärker in die Pflicht nimmt, auch die schwierige­n Fragen für die Bundeswehr ehrlich in Angriff zu nehmen, statt leere Verspreche­n zu machen“, sagt die sicherheit­spolitisch­e Sprecherin der Grünen-Bundestags­fraktion, Agnieszka Brugger. „Was die Ministerin im Scheinwerf­erlicht ankündigt, kommt oft im Tageslicht des Truppenall­tags nicht an.“

So sei die Vereinbark­eit von Familie und Dienst „trotz aller Hochglanzb­roschüren“wieder ein Schwerpunk­tthema bei den Eingaben und Beschwerde­n.

 ?? FOTO: DPA ?? Hat seinen Jahresberi­cht vorgestell­t: Wehrbeauft­ragter HansPeter Bartels.
FOTO: DPA Hat seinen Jahresberi­cht vorgestell­t: Wehrbeauft­ragter HansPeter Bartels.

Newspapers in German

Newspapers from Germany