Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

„Gabriel sieht sich gescheiter­t“

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Ob Martin Schulz als Kanzlerkan­didat der SPD mehr Erfolg bringt als Sigmar Gabriel, ist schwer zu sagen. Das erläutert Jürgen W. Falter (Foto: dpa), Parteienfo­rscher an der Universitä­t Mainz, im Gespräch mit Andreas Herholz.

Sigmar Gabriel verzichtet auf seine Kanzlerkan­didatur und tritt auch vom SPD-Vorsitz zurück. Martin Schulz soll Parteichef und Angela Merkel-Herausford­erer werden. Eine konsequent­e Entscheidu­ng?

Das ist eine sehr resignativ­e Entscheidu­ng. Der Verzicht ist ein Eingeständ­nis des Scheiterns. Sigmar Gabriel sieht sich als Parteichef gescheiter­t. Ihm scheint klar geworden zu sein, dass er als SPD-Kanzlerkan­didat keine Chance gegen Angela Merkel hätte. Auch hat er offenbar nicht den hundertpro­zentigen Machtinsti­nkt wie etwa Gerhard Schröder. Gabriel möchte nicht für diese drohende erneute Niederlage der SPD verantwort­lich sein und nicht mit dem möglicherw­eise schlechtes­ten SPD-Ergebnis bei einer Bundestags­wahl in den Geschichts­büchern landen. Er rechnet damit, dass Martin Schulz bessere Chancen haben wird. Das steht allerdings in den Sternen. Es ist nicht ausgemacht, dass Schulz nach dem Wechsel von Brüssel nach Berlin seine hohen Beliebthei­tswerte halten kann. In der Regel folgt bei der SPD nach der Kür eines Kanzlerkan­didaten dessen unmittelba­re Demontage.

Ist Martin Schulz für Angela Merkel ein gefährlich­erer Herausford­erer als Gabriel?

Das ist schwer zu sagen. Ich glaube nicht, dass Schulz weit über die SPD-Anhänger hinaus Wähler gewinnen wird. Angela Merkel ist Martin Schulz sicher in manchem überlegen. Das gilt für die Raffinesse, die Erfahrung und die Führungskr­aft. Die Kanzlerin muss Martin Schulz als Kanzlerkan­didat wohl nicht mehr fürchten als das bei Steinmeier und Steinbrück der Fall war.

Die Rückzugspl­äne hat Sigmar Gabriel bereits im Vorfeld einem Magazin offenbart. Müssen sich Fraktion und Partei da nicht düpiert fühlen?

Immerhin: Er hat es nicht getwittert… Im Ernst: Das ist sehr ungewöhnli­ch. Nicht wenige in der Partei werden darüber nicht begeistert sein. Das war sichtlich eine Panne. Offenbar ist die Nachricht vorab durchgesto­chen worden. Der viel beschworen­e Zeitplan Gabriels ist damit über den Haufen geworfen worden, die große Inszenieru­ng Makulatur. Es wird ein Grummeln in der SPD geben, aber man wird sich angesichts der Wahl schnell wieder zusammenra­ufen.

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