Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Ohne Rast und Ruh nun Stressrentner
Landratsamt Sigmaringen lädt zum 70. Geburtstag von Altlandrat Dirk Gaerte ein
– Rund 150 geladene Gäste sind am Sonntag gekommen, um Altlandrat Dirk Gaerte zum 70. Geburtstag bei einem Empfang im Landratsamt zu gratulieren. Landrätin Stefanie Bürkle und Laudator Generalleutnant a.D. Jan Oerding würdigten seine Leistungen in seinem und außerhalb seines Amtes. Es gab viel Lob für seine Fähigkeit, auf die Menschen zuzugehen und ihnen, wo er es vermag, behilflich zu sein. Für die abwechslungsreiche musikalische Umrahmung sorgte das Bläserquintett Sigmaringen unter der Leitung von Peter Brodmann.
Schon bei der Gratulation und Begrüßung konnten alle ehemaligen Weggefährten sich davon überzeugen, dass Altlandrat Gaerte im Ruhestand nichts von seinem Schwung und Temperament verloren hat. 16 Jahre war er im Amt und vollzog im Sommer 2014 als letzte Amtshandlung die Einweihung des neuen Teils des Landratsamts. Hier begrüßte Landrätin Bürkle die zahlreich erschienenen Ehrengäste, unter ihnen der Beuroner Erzabt Tutilo Burger und Karl Friedrich Fürst von Hohenzollern sowie Kreisräte, Bürgermeister, Freunde und Kollegen: „Auf die Frage, wie die Feier gestaltet werden soll, hat er sich ein Fest ohne lange Reden, aber mit der Möglichkeit zu Gesprächen gewünscht“, sagte Bürkle.
Das Landratsamt sei für ihn neben dem gelungenen Erweiterungsbau, den er teilweise gegen Widerstände durchgesetzt habe, als ehemaliges Krankenhaus schließlich auch sein Geburtsort: „Sie sind wohl der einzige Landrat, der dies von sich behaupten kann.“Sie erinnerte an die Anfänge im Amt, als es darum ging, das Vertrauen der Menschen in den Landrat und dessen Aufgaben wieder zu gewinnen. Er habe nicht nur die Schul- und Kliniklandschaft neu geordnet, sondern auch die Verwaltungsreform umgesetzt: „Ihr größtes Verdienst war es, den Landkreis in seiner Identität und Einheit zu stärken“, so Bürkle.
Die sei ihm auch mit „Wein, Gesang, Humor und vielen Einladungen“gelungen. Ohne Rast und Ruh sei er 40 000 Kilometer pro Jahr im Landkreis unterwegs gewesen, habe es außerdem nach über 100 Jahren geschafft, ganz regulär und sogar mit gewünschter Verlängerung aus dem Amt zu scheiden.
Als Laudator hatte sich Gaerte Generalleutnant a.D. Jan Oerding ausgesucht. Dieser fragte sich, warum gerade er und gab sich die Antwort: „Wir kennen uns seit mehr als 20 Jahren, trauen und vertrauen uns, wir pflegen Nähe und Distanz.“Er beschrieb Gaerte als „anständig, würdevoll und charakterfest“. Oerding sieht in ihm den „Wortgewaltigen, Redegewandten mit eindrücklicher Stimme, der sich die Butter nicht vom Brot nehmen lässt“, aber er kenne auch den sensiblen, zweifelnden und religiösen Menschen. Dass er als „Vollblutpolitiker und Netzwerker“Profil „auch mit Ecken und Kanten“zeige, zeichne ihn besonders aus. Er hoffe, dass er als „Homo Politicus“Vertrauen in die neue Generation hat und wünscht ihm für die Zukunft in seiner „Homebase“Sigmaringendorf: „Fange nie an aufzuhören und höre nie auf anzufangen.“
In seinem Dank bewies Gaerte wie gewohnt mit kräftiger Stimme und „freihändig“redend, dass er „der Alte“geblieben ist: „Nach zweieinhalb Jahren darf ich endlich mal wieder was sagen.“Er sei so etwas wie ein Stressrentner mit Ehrenamt und Kalender. Den Laudator Oerding habe er gewählt, weil „er mir immer wieder den Weg weist und mich auch schon mal einnordet“.
Unterhaltsam und zwischendurch gerührt, erzählte er von seinem Entschluss, sich als Landrat zu bewerben sowie vom Frühsommer 1946, als alles in Trümmern lag und er im Januar danach durch „Glaube, Liebe, Hoffnung“in Sigmaringen auf die Welt kam. Gaerte sieht es als eigene und gesellschaftliche Pflicht, „anständig miteinander umzugehen“und Menschen, denen es nicht gut geht, zu helfen: „Leben ist kein Selbstzweck, nicht nur Geld und Ego zählt, sondern die Gemeinschaft.“Er wolle sich auch in Zukunft für die Menschen und die Region einsetzen: „Ich setze auf 90, vielleicht wird’s auch mehr.“