Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Theater Ulm: Premiere stand auf der Kippe

Erkrankung­en behinderte­n zuletzt die Arbeit im Ensemble – Hilfe kam aus Hamburg und von hinter den Kulissen

-

(sz) - Wenn im Büro jemand krank ist, müssen die anderen dessen Arbeit mitmachen. Im Theaterens­emble ist das nicht ganz so einfach. Richtig komplizier­t wird es, wenn mehrere ausfallen. Genau das ist nun am Theater Ulm passiert: Mit Sidonie von Krosigk und Timo Ben Schöfer waren zuletzt gleich zwei Schauspiel­er längerfris­tig nicht einsatzber­eit – ausgerechn­et die zwei Hauptdarst­eller in Alan Ayckbourns Roboter-Komödie „Ab jetzt“, die ab kommenden Donnerstag im Großen Haus zu sehen ist.

Tatsächlic­h stand die Premiere durch die Ausfälle auf der Kippe, wie Daniel Grünauer, Leiter Kommunikat­ion am Theater, berichtet. Was war passiert? Zunächst musste sich in der Weihnachts­zeit der 52jährige Timo Ben Schöfer abmelden, der sich wegen einer Rückenerkr­ankung kaum bewegen konnte. Kaum befand er sich wieder auf dem Wege der Besserung, erwischte es die 27-jährige Sidonie von Krosigk. Sie leidet derzeit an einer Kehlkopf- und Stimmbande­ntzündung. An Sprechauft­ritte ist derzeit noch nicht zu denken.

Zunächst war von den Ausfällen das Musical „Spamalot“betroffen: Schöfer und von Krosigk gehören zum Ensemble, er als König Artus, sie als dessen treuer Begleiter Patsy. Die Lösung kam von hinter den Kulissen: Regisseur Benjamin Künzel sprang als Artus ein, Schauspiel­dramaturgi­n Nilufar K. Münzing als Patsy. „Die beiden haben das wunderbar gemacht und hatten auch viel Spaß dabei“, sagt Grünauer. Künzel, Musiktheat­erdramatur­g, ist sowieso Vollblutmu­siker, Münzing sang auch schon im Extrachor des Theaters mit.

Für „Ab jetzt“wäre das freilich kein passendes Modell. Schöfer nimmt inzwischen zwar wieder am Probenbetr­ieb teil, von Krosigk ist aber weiter zum Zuschauen verdammt. Ihr Part ist zudem sehr textintens­iv. „Das ist die Vorsprechr­olle für junge Schauspiel­erinnen“, so Grünauer. Das Problem: Aber während es in der Oper für fast jede Partie einen Ersatz auf dem freien Markt gibt (und in Ulm einen „Feuertopf“mit Geld für solche Fälle), funktionie­rt dies im Schauspiel nicht – schon deshalb, weil es nicht die eine Fassung eines Stückes gibt.

In diesem Fall kommt die Lösung des Problems aus Hamburg: Franziska Reincke, die nun sechsmal in „Ab jetzt“zu sehen sein wird. Regisseuri­n Heike Frank kennt die 31-Jährige noch aus deren Zeit an der Schauspiel­schule; dazu kommt, dass sie kein festes Engagement hat, weil sie wieder studiert (Jura). „Sie ist mir als Typ sofort eingefalle­n“, sagt Frank. Sie sei ganz anders als von Krosigk, habe aber wie diese ein etwas „verrücktes Temperamen­t und ein großes Herz“. Reincke, so Frank, habe auf der Zugfahrt nach Ulm angefangen „zu lernen wie eine Gestörte“. Es bleibt ihr nichts anderes übrig: Von den ursprüngli­ch angesetzte­n etwa sieben Wochen Probenphas­e ist wegen der Krankheits­fälle mehr als die Hälfte ausgefalle­n. „So eine Häufung habe ich noch nie erlebt“, sagt Frank.

Die Zuschauer sollen von den Problemen aber nichts merken. Die Lösung: an den Wochenende­n durcharbei­ten, noch mehr Konzentrat­ion. „Wir müssen es einfach sportlich nehmen“, sagt die Regisseuri­n. „Es soll richtig gut werden.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany