Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Aufmerksame Bürger gebraucht
Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz klingt alarmiert, wenn er vor den sogenannten „Reichsbürgern“warnt. Diese würden immer mehr, und es sei eine erhebliche Gewaltbereitschaft und Aggressivität in der Szene zu beobachten, sagt Hans-Georg Maaßen. Dass er, und mit ihm der Bundesinnenminister, sehr alarmiert klingen, nachdem in den vergangenen Wochen die Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus im Vordergrund gestanden hat, lässt ahnen, wie groß das Problem ist.
Vergangene Woche wurde vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe über ein Verbot der NPD verhandelt. Dass es nicht zum Bannspruch kam, hatte, vereinfacht gesagt, auch mit der geringen Größe und Bedeutung einer Partei zu tun, die den Nationalsozialismus verherrlicht. Doch bedeutet eine schwächelnde Partei noch nicht das Ende des Phänomens. Rechtsradikale sind in Altmännerbünde, in Burschenschaften, vermutlich auch zur AfD abgewandert. Und eben zu den „Reichsbürgern“. Bis vor Kurzem galten diese als Spinner, als alte, frustrierte Männer, die den deutschen Staat nicht anerkennen.
Viele Bürgermeister, auch im Südwesten, können davon berichten, wie irgendein Querulant, der sich als „Reichsbürger“bezeichnet, mit Anzeigen, Eingaben, Beschwerden und endlosen Briefen den Verwaltungsbetrieb lahmzulegen versucht. Doch spätestens seit dem Mord an einem Polizisten im vergangenen Oktober in Franken werden die „Reichsbürger“als kriminelle und terroristische Gefahr wahrgenommen.
Dass Wachsamkeit gegen Rechtsradikale und „Reichsbürger“auch im Südwesten nötig ist, zeigen die Razzien vom Mittwoch. Immer häufiger kommt es nach Aussagen von Ermittlern gerade im ländlichen Raum zu volksverhetzenden Äußerungen, zu „Heil Hitler“-Rufen und einem Bekenntnis zu den „Reichsbürgern“.
Um Rechtsradikalismus und Ausländerhass entgegenzutreten, braucht es neben der Entschlossenheit der Polizei auch die aufmerksamen Bürger. Besonders in diesen sogenannten postfaktischen Zeiten.