Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Österreicher nerven Dobrindt
Verkehrsminister fordert Ende der „Maut-Maulerei“
(dpa) - Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hat die Pkw-Maut gegen die neuerliche Kritik der österreichischen Regierung verteidigt und lehnt weitere Sonderregeln für deutsche Grenzregionen ab. „Ich rechne sehr damit, dass auch in Österreich Vernunft einkehrt und die Maut-Maulerei ein Ende hat“, sagte Dobrindt am Mittwoch in Berlin. Etwas mehr Gelassenheit im Nachbarland wäre angebracht, das seit 20 Jahren ein funktionierendes Mautsystem habe. Eine Debatte nach dem Motto, alle, die nach Österreich kommen, sollten die Finanzierung der Straßen mitbezahlen, aber Österreicher in Deutschland nichts, sei „kein europäischer Ansatz“. Dennoch gehe er davon aus, dass das gute Nachbarschaftsverhältnis unbelastet bleibe.
- Die Pkw-Maut kommt – wenn auch in anderer Form als von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) angedacht. Rasmus Buchsteiner und Tobias Schmidt erläutern das neue Modell:
Wie funktioniert die Pkw-Maut?
Für Fahrer aus dem Ausland gibt es verschiedene Vignetten, für Wagenhalter aus Deutschland kostet die Pkw-Maut im Schnitt 67 Euro, maximal 130 Euro. Die Höhe richtet sich nach Größe und Umweltfreundlichkeit des Autos. Inländische Fahrer sollen über die Kfz-Steuer wieder entlastet werden.
Wann soll die Pkw-Maut starten?
Frühestens 2018. Ausschreibung und Aufbau des Mautsystems benötigen noch einen gewissen Vorlauf. Es wird erwartet, dass rund 50 Millionen Kfz-Steuerbescheide neu gefasst werden müssen.
Welche Änderungen hat das Bundeskabinett noch verabschiedet?
Statt der bisher geplanten drei Stufen für Kurzzeitvignetten ausländischer Fahrzeuge soll es fünf Stufen geben – von 2,50 Euro bis 25 Euro. Laut Verkehrsministerium entstehen dadurch Mehreinnahmen. Die KfzSteuerentlastung, die Mehrbelastungen für deutsche Autofahrer verhindern soll und von der Brüsseler Kommission beanstandet worden war, fällt größer aus als geplant.
Wie viel Einnahmen bringt die Pkw-Maut?
Das Bundesverkehrsministerium rechnet mit Einnahmen von zunächst einmal 3,97 Milliarden Euro brutto, 834 Millionen davon entfallen auf ausländische Fahrzeuge. Davon müssen Systemkosten von circa 200 Millionen Euro abgezogen werden, sowie weitere 100 Millionen Euro für die weitere Steuerentlastung schadstoffarmer Pkw. Unter dem Strich bleiben jährliche Einnahmen von circa 524 Millionen Euro, die direkt in den Ausbau und den Erhalt der Verkehrsinfrastruktur fließen sollen.
Was ist mit den angedrohten Klagen europäischer Nachbarländer?
Österreich, die Niederlande, Belgien und Luxemburg fühlen sich diskriminiert und lehnen die deutschen Pläne ab. Auch die Tschechen überlegen zu klagen, wenn Ausländer diskriminiert werden. Anführer der AntiMaut-Koalition ist Wien. Am Mittwoch haben sich die Anrainerstaaten getroffen, um über ihr Vorgehen zu beraten. Bevor sie Klage einreichen könnten, wollen sie die Verabschiedung der Maut-Gesetze in Deutschland abwarten. Trotz des grünen Lichts der EU-Kommission rechnen sie sich Erfolgschancen aus.
Wird es noch Ausnahmen für Grenzregionen geben?
Das ist noch umstritten. Entsprechende Forderungen kommen unter anderem aus Nordrhein-Westfalen, aus Schleswig-Holstein, aus dem Saarland und aus Rheinland-Pfalz. „Entlang der Grenzen müssen Autofahrer mautfrei unterwegs sein können“, sagte die rheinland-pfälzische CDU-Chefin Julia Klöckner am Mittwoch. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte angekündigt, dass das Thema bei den weiteren Gesprächen noch eine Rolle spielen werde. Der vorgelegte Entwurf des Verkehrsministers enthält keine Ausnahmen, bedarf aber auch noch der Zustimmung von Bundestag und Bundesrat.
Warum steigen die Einnahmen bei der Kfz-Steuer dennoch?
Je mehr CO2 ein Wagen ausstößt, je höher fällt die Steuer aus. Bislang gaben die Hersteller zu niedrige Werte an. Nach einer neuen EU-Regelung als Konsequenz aus dem VW-Abgasskandal müssen die Angaben künftig „realitätsnäher“– in den meisten Fällen also höher ausfallen. Die Regeln gelten für alle Neuwagen, die ab September 2018 zugelassen werden. Berichten zufolge plant Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) dadurch mit Steuermehreinnahmen von 1,1 Milliarden Euro bis 2022.