Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
„Diese Menschen wollen nur Verfahren blockieren“
Immer häufiger stören „Reichsbürger“Gerichtsverhandlungen. Matthias Grewe, Ravensburger Jurist und Vorsitzender des Richtervereins BadenWürttemberg (Foto: sz), erklärt Katja Korf, wie er damit umgeht.
Nehmen die Zwischenfälle mit „Reichsbürgern“zu?
In den vergangenen zwei bis drei Jahren eindeutig. Typischerweise zweifeln sie die Legitimität der Richter an – weil diese für sie Beamte eines nicht existierenden Staates sind. Deswegen wollen sie Ausweis oder Ernennungsurkunde des Richters sehen. Oder sie bestehen darauf, die Verhandlung mit dem Handy zu filmen. Das ist aber verboten. Die „Reichsbürger“treten meistens in größeren Gruppen auf, es wird versucht, die Sitzung zu blockieren.
Was kann man dagegen tun?
Diese Leute haben nicht das Ziel, bestimmte Rechte durchzusetzen. Sie wollen einfach nur die Verhandlung blockieren. Unsere Aufgabe als Richter ist es, ein Verfahren trotzdem zu Ende zu bringen. Dazu muss man die Ruhe bewahren, sachlich bleiben. Wenn Anordnungen nicht befolgt werden, hilft nur, die Störer des Saales zu verweisen oder die Polizei zu alarmieren.
Ist das nicht sehr belastend?
Wir als Richter haben immerhin noch eine gewisse Machtposition: Am Ende können wir Menschen verurteilen, das wissen auch die Dümmsten. Sachbearbeiter in Ämtern sind da viel schlechter dran, wenn sie mit „Reichsbürgern“konfrontiert sind. Das gilt auch für Gerichtsvollzieher, die oft direkt auf die Betroffenen stoßen.
Müssen die Polizei oder die Politik mehr gegen „Reichsbürger“tun?
Das Justizministerium von BadenWürttemberg hat dazu 2016 eine von vielen Kollegen als hilfreich empfundene Handreichung erarbeitet. Die Ratschläge: nicht schreien, Anweisungen nicht ausführlich begründen, keine leeren Drohungen, sondern konsequent handeln und gegebenenfalls die Polizei rufen. Deren Präsenz führt oft zum Einlenken. Die Polizei verfolgt nach meinem Eindruck auch kleine Delikte von „Reichsbürgern“wie etwa Beleidigungen sehr konsequent. Ein großes Problem ist der Mangel an Justizwachtmeistern. Wir bekommen zwar in diesem Jahr neue Stellen, aber das reicht noch nicht. Ich hoffe, dass sich der Justizminister an seine Zusage hält und es weitere Aufstockungen gibt. An den Gerichten in Ravensburg können wir aus Personalnot oft die Pforte nicht besetzen. Besucher können ohne Sichtkontrolle hereinkommen. Das ist ein schlechter Zustand.