Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Deutsche Wirtschaft startet mit Sorgenfalten
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel wirbt für „massiven Investitionspakt“– Ifo-Index sinkt
(dpa) - Die deutsche Wirtschaft läuft weiter auf Hochtouren – aber für das kommende Halbjahr sind die Unternehmen deutlich skeptischer. Der vom Ifo-Institut erhobene Geschäftsklimaindex sank deshalb von 111,0 auf 109,8 Punkte. Volkswirte erklären das mit wachsenden Sorgen wegen des Brexits und der Politik des neuen US-Präsidenten Donald Trump.
Die 7000 vom Ifo-Institut befragten Unternehmen schätzten ihre aktuelle Lage im Januar zwar hervorragend ein: Der Teilindex stieg um 0,2 auf 116,9 Punkte und erreichte damit den höchsten Stand seit 2011. Aber die Firmen zeigten sich für die kommenden Monate deutlich vorsichtiger – der Erwartungsindex fiel um 2,3 auf 103,2 Punkte. Ifo-Konjunkturexperte Klaus Wohlrabe sprach von einem „kleinen Stimmungsdämpfer“, der nicht überbewertet werden sollte. In der Industrie sei die Kapazitätsauslastung gestiegen, die Firmen seien noch zufriedener mit ihrer aktuellen Lage. Auch die Produktionserwartungen und die kurzfristigen Exporterwartungen für die nächsten drei Monate hätten zugelegt, sogar in der Automobilbranche. Für die nächsten sechs Monate allerdings seien die Geschäftserwartungen in den wichtigen Industriebranchen weniger optimistisch.
Der scheidende Wirtschaftsminister und SPD-Chef Sigmar Gabriel lässt mit der Forderung nach mehr Investitionen nicht locker. „Wir brauchen bei Spielräumen und Haushaltsüberschüssen Vorfahrt für Investitionen – nur so sichern wir die Wettbewerbsfähigkeit am Standort Deutschland“, sagte Gabriel nach Beratungen des Bundeskabinetts über den Jahreswirtschaftsbericht. In einer Phase des grundlegenden Wandels dürfe nicht nur ans Sparen gedacht werden: „Wir müssen uns neu anstrengen. Denn Zukunft gewinnen wir nur mit einem großen, massiven und mutigen Investitionspakt.“Union und SPD streiten aktuell über die Verwendung des Haushaltsüberschusses von 6,2 Milliarden Euro aus 2016.
Gabriel warnte, der wachsende Protektionismus der neuen US-Regierung und im Zuge des EU-Austritts Großbritanniens sei der falsche Weg, um Wohlstand für alle zu schaffen. Auch die US-Industrie sei in globale Wertschöpfungsketten eingebunden. „Schutzzölle auf Zulieferungen werden eher auch der US-Regierung langfristig schaden. Abschottung macht am Ende alle ärmer.“
Die deutsche Wirtschaft werde 2017 um 1,4 Prozent zulegen, heißt es im Jahreswirtschaftsbericht. 2016 war die Wirtschaftsleistung noch um 1,9 Prozent gestiegen. Der Rückgang lasse sich zum großen Teil auf eine geringere Zahl von Arbeitstagen zurückführen.