Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
„Experimente muss man sich leisten können“
Stephan Jaekel (Foto: Stage) ist Unternehmenssprecher der Stage Entertainment mit Sitz in Hamburg. Katja Waizenegger hat sich mit ihm über den Standort Stuttgart unterhalten – und warum das eine Musical ein Erfolg wird, ein anderes hingegen floppt.
Warum kam „Rocky“bei den Musicalbesuchern in Stuttgart nicht so gut an?
Die Zuschauer, die „Rocky“gesehen haben, waren begeistert. Dennoch haben die Zahlen unsere Erwartungen nicht erfüllt. Ich glaube, in den Köpfen der Leute war diese Hürde: Warum um Himmels willen soll ich mir einen singenden und tanzenden Boxer auf der Bühne ansehen? Wir konnten nicht gut genug vermitteln, warum es sich lohnt.
Welche Konsequenzen hat Stage Entertainment daraus gezogen?
Wir haben daraus gelernt, dass der Titel eines Musicals in den Köpfen nicht die Reaktion auslösen darf: Das kann ich mir überhaupt nicht vorstellen. Denn so viel Neugierde, dennoch ein Ticket zu kaufen, ist bei jemandem, der 80, 90, 100 Euro dafür ausgeben soll, vielleicht etwas viel verlangt.
Was hat sich unter dem neuen Eigentümer verändert?
Zunächst kann ich sagen, dass Stuttgart in seiner Zwei-Häuser-Strategie als Standort gesichert ist. Insgesamt hat natürlich ein Sparprogramm unter dem neuen Eigner eingesetzt. Wir haben unsere Prozesse durchleuchtet. Nicht, dass wir früher nur Kaffeesatzleserei gemacht hätten. Aber wenn Herr van den Ende persönlich von einer Show überzeugt war und das Ganze kein kommerzieller Erfolg wurde, dann stand er dafür auch mal selber gerade. Diesen Backup haben wir nicht mehr, wodurch wir alle mehr gefordert sind. Unsere hohen Qualitätsstandards bleiben.
Muss man etwas wagen, um ein jüngeres Publikum fürs Musical zu gewinnen?
Würden wir gerne tun, aber je mehr wir mit den etwas gewagteren Stoffen auf die Nase fallen, kommen wir zu der Erkenntnis, dass das nicht unsere Aufgabe zu sein scheint. Der Kritik halte ich entgegen: Wir haben in Berlin mit „War Horse“einen der wagemutigsten Stoffe überhaupt geboten und wurden dafür vom Publikum nicht belohnt. Wir werden dennoch versuchen, in unserem Gesamtprogramm in Deutschland nicht immer nur Mainstreamstücke zu zeigen. Aber wir brauchen diese. Experimente muss man sich leisten können.