Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Elegant, vielseitig, erfolgreich
Der Deutsche Meistertitel soll für die Ravensburger Judoka Anna-Maria Wagner nur der Anfang sein
- Anna-Maria Wagners großes Ziel heißt Tokio, sind die Olympischen Spiele 2020. Dann will die 20-jährige Ravensburgerin im Mutterland ihres Sports dabei sein; Anna-Maria Wagner ist eine der großen Hoffnungen im Deutschen JudoBund: Eben erst hat sich die Sportsoldatin – in ihrem ersten Jahr bei den Frauen – in Duisburg auf Anhieb den Deutschen Meistertitel in der Klasse bis 78 Kilogramm geholt.
„Sie hat einen athletischen Körperbau, ist fleißig, diszipliniert, zielorientiert und immer positiv eingestellt“– Bundestrainer Claudiu Pusa lobt Anna-Maria Wagner in den höchsten Tönen. „Sie möchte dominieren“,
„Sie möchte dominieren.“Judo-Bundestrainer Claudiu Pusa über Anna-Maria Wagners Kampfstil.
sagt Pusa zum Kampfstil der 20-Jährigen. Das strahle sie schon aus, wenn sie sich zur Matte bewegt: „Kopf hoch, Rücken gerade, sie imponiert, bevor sie was gemacht hat.“
Und so kämpft Anna-Maria Wagner dann auch: In Duisburg fegte sie ihre Konkurrentinnen nacheinander von der Matte und zog mit einer Ippon-Welle ins Finale ein. Annemarie Lang (ESV Ludwigshafen) und Claudia Straub (Budo Club Vorpommern) mussten Wagners Überlegenheit schnell anerkennen. Im Halbfinale gegen die letztjährige Vizemeisterin Christina Faber vom Judo Club Wiesbaden beendete sie den Kampf mit einem Haltegriff. Nur das Finale ging über die vollen vier Minuten; gegen Marie Branser von den Leipziger Sportlöwen schaffte Anna-Maria Wagner zwei Wazaari-Wertungen und durfte über Gold jubeln.
„Ich hab’ mich riesig gefreut“, sagt die neue Meisterin, die ihren Sport von Kindheitstagen an bei ihrer Heimtrainerin Christa Hoffmann beim KJC Ravensburg gelernt hat. Die neue Deutsche Meisterin profitierte in Duisburg vom verletzungsbedingten Fehlen ihrer Hauptkonkurrentinnen, der Olympiafünften Luise Malzahn sowie Maike Ziechs – die beiden einzigen, die noch vor ihr in der nationalen Rangliste stehen. Anna-Maria Wagner war damit bei den Deutschen Meisterschaften in der Favoritenrolle. „Das muss man dann erst mal umsetzen“, sagt sie, „aber ich hab’ mich schon beim Aufwärmen richtig gut gefühlt und einen Kampf nach dem anderen ohne Probleme durchgezogen.“
Nach ihren Titeln in der U 18 und U 21 war es bereits die dritte Deutsche Meisterschaft für die Ravensburgerin. In der U 21 blieb sie im vergangenen Jahr komplett ungeschlagen, sie gewann unter anderem die Deutschen und die Europameisterschaften. Nur der WM-Titel fehlt ihr in der U 21, da im Olympiajahr keine Weltmeisterschaft stattfand. 2015 beim bislang letzten WM-Turnier wurde sie Dritte (U 21).
Auch bei den Senioren sorgte Anna-Maria Wagner auf der internationalen Bühne schon für Aufsehen. Beim Grand Slam in Abu Dhabi wurde sie Zweite, in Tokio Fünfte. Grand Slam ist im Judo die höchste Turnierkategorie unter EM und WM, nur die Besten der Weltrangliste dürfen hier starten.
Der Sprung zu den Senioren fiel Anna-Maria Wagner nicht sonderlich schwer: „Dadurch, dass ich schon viel mit Frauen trainiert habe, war es nicht so ungewohnt“, sagt sie. Von der Kraft her kann die 20-Jährige gut mithalten, auch ihre Technik ist sehr ausgereift. „Sie hat einen eleganten Kampfstil“, sagt Pusa, Wagner sei flexibel, habe viele Waffen, auch Ippon-Techniken am Boden.
„Da wird einem alles abverlangt.“Anna-Maria Wagner über die effektive Kampfzeit von vier Minuten.
Der Hauptschwerpunkt ihrer Arbeit liegt noch im Bereich Kondition. „Ich muss dafür viel tun, meine Ausdauer ist ausbaufähig“, gibt sie zu. In den vier Minuten eines Judokampfes geht es von null auf hundert voll zur Sache. „Da wird einem alles abverlangt“, sagt Wagner, neben intensiven Trainingskämpfen stehen daher auch anstrengende Intervallläufe auf dem Plan.
Wagner ist Sportsoldatin der Sportfördergruppe Köln, nebenher studiert sie Hotel- und Tourismusmanagement an der Fernuniversität. Dadurch bringt sie Studium und Sport gut unter einen Hut. In Köln trainiert Wagner unter anderem mit Laura Vargas Koch, die in Rio Bronze geholt hat. „Wir haben einen starken Kern, die Trainingsbedingungen sind gut“, sagt sie. Auch Bundestrainer Claudiu Pusa ist bald in Köln vor Ort. In der Bundesliga kämpft die 20-Jährige weiter für die TSG Backnang, auch „weil es ein kleiner Nebenverdienst“ist, wie sagt. Im Judo verdiene man ja schließlich nicht so viel.
Die nächsten Kämpfe stehen für Wagner im Februar bei den Grand Slams in Paris und Düsseldorf an. In diesem Jahr hat sie sich vor allem für die Europameisterschaften im April in Polen viel vorgenommen, langfristig gibt es aber nur ein Ziel für die ehrgeizige Wagner: „Ich werde alles dafür tun, dass ich 2020 in Tokio dabei bin.“Die Chancen stehen nicht schlecht. In ihrer Gewichtsklasse muss Wagner dafür unter die besten 14 der Welt kommen und die Nummer 1 in Deutschland werden. „Sie hat das Zeug dazu“, sagt Bundestrainer Claudiu Pusa, „sie dorthin zu bringen, wird unsere Aufgabe sein. Ich habe volles Vertrauen in sie.“