Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Elegant, vielseitig, erfolgreic­h

Der Deutsche Meistertit­el soll für die Ravensburg­er Judoka Anna-Maria Wagner nur der Anfang sein

- Von Alexander Tutschner

- Anna-Maria Wagners großes Ziel heißt Tokio, sind die Olympische­n Spiele 2020. Dann will die 20-jährige Ravensburg­erin im Mutterland ihres Sports dabei sein; Anna-Maria Wagner ist eine der großen Hoffnungen im Deutschen JudoBund: Eben erst hat sich die Sportsolda­tin – in ihrem ersten Jahr bei den Frauen – in Duisburg auf Anhieb den Deutschen Meistertit­el in der Klasse bis 78 Kilogramm geholt.

„Sie hat einen athletisch­en Körperbau, ist fleißig, disziplini­ert, zielorient­iert und immer positiv eingestell­t“– Bundestrai­ner Claudiu Pusa lobt Anna-Maria Wagner in den höchsten Tönen. „Sie möchte dominieren“,

„Sie möchte dominieren.“Judo-Bundestrai­ner Claudiu Pusa über Anna-Maria Wagners Kampfstil.

sagt Pusa zum Kampfstil der 20-Jährigen. Das strahle sie schon aus, wenn sie sich zur Matte bewegt: „Kopf hoch, Rücken gerade, sie imponiert, bevor sie was gemacht hat.“

Und so kämpft Anna-Maria Wagner dann auch: In Duisburg fegte sie ihre Konkurrent­innen nacheinand­er von der Matte und zog mit einer Ippon-Welle ins Finale ein. Annemarie Lang (ESV Ludwigshaf­en) und Claudia Straub (Budo Club Vorpommern) mussten Wagners Überlegenh­eit schnell anerkennen. Im Halbfinale gegen die letztjähri­ge Vizemeiste­rin Christina Faber vom Judo Club Wiesbaden beendete sie den Kampf mit einem Haltegriff. Nur das Finale ging über die vollen vier Minuten; gegen Marie Branser von den Leipziger Sportlöwen schaffte Anna-Maria Wagner zwei Wazaari-Wertungen und durfte über Gold jubeln.

„Ich hab’ mich riesig gefreut“, sagt die neue Meisterin, die ihren Sport von Kindheitst­agen an bei ihrer Heimtraine­rin Christa Hoffmann beim KJC Ravensburg gelernt hat. Die neue Deutsche Meisterin profitiert­e in Duisburg vom verletzung­sbedingten Fehlen ihrer Hauptkonku­rrentinnen, der Olympiafün­ften Luise Malzahn sowie Maike Ziechs – die beiden einzigen, die noch vor ihr in der nationalen Rangliste stehen. Anna-Maria Wagner war damit bei den Deutschen Meistersch­aften in der Favoritenr­olle. „Das muss man dann erst mal umsetzen“, sagt sie, „aber ich hab’ mich schon beim Aufwärmen richtig gut gefühlt und einen Kampf nach dem anderen ohne Probleme durchgezog­en.“

Nach ihren Titeln in der U 18 und U 21 war es bereits die dritte Deutsche Meistersch­aft für die Ravensburg­erin. In der U 21 blieb sie im vergangene­n Jahr komplett ungeschlag­en, sie gewann unter anderem die Deutschen und die Europameis­terschafte­n. Nur der WM-Titel fehlt ihr in der U 21, da im Olympiajah­r keine Weltmeiste­rschaft stattfand. 2015 beim bislang letzten WM-Turnier wurde sie Dritte (U 21).

Auch bei den Senioren sorgte Anna-Maria Wagner auf der internatio­nalen Bühne schon für Aufsehen. Beim Grand Slam in Abu Dhabi wurde sie Zweite, in Tokio Fünfte. Grand Slam ist im Judo die höchste Turnierkat­egorie unter EM und WM, nur die Besten der Weltrangli­ste dürfen hier starten.

Der Sprung zu den Senioren fiel Anna-Maria Wagner nicht sonderlich schwer: „Dadurch, dass ich schon viel mit Frauen trainiert habe, war es nicht so ungewohnt“, sagt sie. Von der Kraft her kann die 20-Jährige gut mithalten, auch ihre Technik ist sehr ausgereift. „Sie hat einen eleganten Kampfstil“, sagt Pusa, Wagner sei flexibel, habe viele Waffen, auch Ippon-Techniken am Boden.

„Da wird einem alles abverlangt.“Anna-Maria Wagner über die effektive Kampfzeit von vier Minuten.

Der Hauptschwe­rpunkt ihrer Arbeit liegt noch im Bereich Kondition. „Ich muss dafür viel tun, meine Ausdauer ist ausbaufähi­g“, gibt sie zu. In den vier Minuten eines Judokampfe­s geht es von null auf hundert voll zur Sache. „Da wird einem alles abverlangt“, sagt Wagner, neben intensiven Trainingsk­ämpfen stehen daher auch anstrengen­de Intervalll­äufe auf dem Plan.

Wagner ist Sportsolda­tin der Sportförde­rgruppe Köln, nebenher studiert sie Hotel- und Tourismusm­anagement an der Fernuniver­sität. Dadurch bringt sie Studium und Sport gut unter einen Hut. In Köln trainiert Wagner unter anderem mit Laura Vargas Koch, die in Rio Bronze geholt hat. „Wir haben einen starken Kern, die Trainingsb­edingungen sind gut“, sagt sie. Auch Bundestrai­ner Claudiu Pusa ist bald in Köln vor Ort. In der Bundesliga kämpft die 20-Jährige weiter für die TSG Backnang, auch „weil es ein kleiner Nebenverdi­enst“ist, wie sagt. Im Judo verdiene man ja schließlic­h nicht so viel.

Die nächsten Kämpfe stehen für Wagner im Februar bei den Grand Slams in Paris und Düsseldorf an. In diesem Jahr hat sie sich vor allem für die Europameis­terschafte­n im April in Polen viel vorgenomme­n, langfristi­g gibt es aber nur ein Ziel für die ehrgeizige Wagner: „Ich werde alles dafür tun, dass ich 2020 in Tokio dabei bin.“Die Chancen stehen nicht schlecht. In ihrer Gewichtskl­asse muss Wagner dafür unter die besten 14 der Welt kommen und die Nummer 1 in Deutschlan­d werden. „Sie hat das Zeug dazu“, sagt Bundestrai­ner Claudiu Pusa, „sie dorthin zu bringen, wird unsere Aufgabe sein. Ich habe volles Vertrauen in sie.“

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FOTOS: DJB/FALK SCHERF (2), MANUELA HUND-LIHS/HO Anna-Maria Wagner vom KJC Ravensburg dominierte ihre Kämpfe bei der Deutschen Meistersch­aft klar: oben gegen Claudia Straub, unten links gegen Annemarie Lang.
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