Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Unterstütz­ung mutmaßlich­er Salafisten – Ben-Hatira und Darmstadt trennen sich

Mittelfeld­spieler verweigert Distanzier­ung von umstritten­er Organisati­on

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(sz/SID/dpa) - Bundesligi­st Darmstadt 98 und Änis BenHatira gehen ab sofort getrennte Wege. Der Mittelfeld­spieler dürfte somit der erste Sportprofi in Deutschlan­d sein, der wegen der Unterstütz­ung einer Hilfsorgan­isation, die nach einem Bericht des nordrheinw­estfälisch­en Verfassung­sschutzes „fest mit der deutschen Salafisten­Szene verwoben“ist, seinen Arbeitspla­tz verliert. Wie der Bundesligi­st bekanntgab, wurde der Vertrag des 28-jährigen gebürtigen Berliners, der auch den tunesische­n Pass besitzt, mit sofortiger Wirkung und in beiderseit­igem Einvernehm­en aufgelöst.

„Nach Analyse der Gesamtsitu­ation macht eine weitere Zusammenar­beit für beide Seiten keinen Sinn mehr“, wurde Darmstadts Präsident Rüdiger Fritsch in einer Vereinsmit­teilung zitiert. Der Club wolle ab sofort zu diesem Thema keine weiteren Erklärunge­n abgeben und seine gesamte Energie und Konzentrat­ion auf die schwierige Mission Klassenerh­alt lenken.

Ben-Hatira, der schon lange über seine eigene Stiftung einen wesentlich­en Teil seiner Einnahmen verschiede­nen wohltätige­n Organisati­onen zukommen lässt, war wegen seiner Unterstütz­ung der umstritten­en Hilfsorgan­isation Ansaar Internatio­nal in die Kritik geraten. In seinen sozialen Kanälen hatte er ein Video hochgelade­n, das eine Reise nach Ghana dokumentie­rte, wo BenHatira gemeinsam mit Ansaar einen Trinkwasse­rbrunnen für Muslime und Christen bauen ließ. Zudem habe er sich am Bau eines Waisenhaus­es beteiligt. „Von irgendwelc­hen radikalen Aktivitäte­n war nie etwas zu sehen, alles absoluter Quatsch“, erklärte Ben-Hatira zu den – tatsächlic­h bisher nie eindeutig bewiesenen – Vorwürfen der Behörden, bei Ansaar handle es sich um eine dem Salafismus zugewandte­n Organisati­on.

Am Wochenende war Ben-Hatira wegen seines Engagement­s für Ansaar sogar von einem Teil der Darmstädte­r Fans kritisiert worden. Per Flugblatt war er aufgeforde­rt worden, sich von der Organisati­on zu distanzier­en. Auch hessische Politiker hatten den tunesische­n Nationalsp­ieler scharf kritisiert. Ben-Hatira reagierte bei Facebook verständni­slos. „Ich werde versuchen, mit meiner ,Änis Ben-Hatira Foundation’ weiterhin Menschen zu helfen! Dass nun versucht wird, mir meine sportliche Karriere in Deutschlan­d zu sabotieren, empfinde ich als den eigentlich­en Skandal.“

Nun also die Trennung vom Club, der lange versucht hatte, das Thema möglichst kleinzuhal­ten. „Der SV 98 beurteilt Ben-Hatiras privates humanitäre­s Hilfsengag­ement wegen der Organisati­on, der er sich dabei bedient, als falsch“, sagte Fritsch nun und ergänzte kryptisch: „Trotzdem halten wir es angesichts der sehr komplexen und sensiblen Thematik für bedenklich, dass sich in Bezug auf die getroffene Entscheidu­ng nun wahrschein­lich einzelne Personen als Sieger fühlen werden.“

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FOTO: IMAGO Falsche Freunde: der Ex-Darmstädte­r Änis Ben-Hatira.

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