Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Heidenheim träumt von der Bundesliga
Heidenheims Kapitän Marc Schnatterer über seinen Traum von der Bundesliga und das Erfolgsrezept des Clubs
(falx) - Am Samstag (13 Uhr/Sky) startet Fußball-Zweitligist 1. FC Heidenheim mit einer Partie bei Erzgebirge Aue in den Spielbetrieb nach der Winterpause. Beim Verein von der Ostalb, derzeit auf Rang vier, reden sie sogar von der Bundesliga. So sagt Kapitän Marc Schnatterer im Interview mit der „Schwäbischen Zeitung“: „Ich träume natürlich davon. Wenn die Möglichkeit besteht, diesen Schritt zu gehen, wäre das natürlich das i-Tüpfelchen auf meiner Karriere.“
Der jetzt schon unwirklich scheinende Aufstieg des 1. FC Heidenheim soll in der Bundesliga münden. Unwirklich, weil bei Heidenheim, anders als bei vielen anderen Emporkömmlingen des Fußballs, alles natürlich gewachsen ist. Zudem zeichnet sich der Tabellenvierte der zweiten Liga durch eine unvergleichliche Konstanz bei den handelnden Personen aus. Vorstandschef Holger Sanwald ist praktisch sein ganzes Leben beim 1. FC, Trainer Frank Schmidt, ein gebürtiger Heidenheimer, seit 2007 Trainer. Ein Jahr später kam Kapitän Mark Schnatterer dazu. Felix Alex hat ihn getroffen.
Herr Schnatterer, Heidenheim hat etwa 50 000 Einwohner, der Club war vor zehn Jahren noch in der Oberliga, jetzt steht man auf Platz vier der zweiten Liga. Wie sehr hat sich der 1. FCH in dieser Zeit verändert?
Hier ist alles natürlich gewachsen. Fast alle Mitarbeiter sind schon sehr lange hier und die Strukturen innerhalb des Vereins sind immer professioneller geworden. Trotzdem ist der familiäre Charme nie verloren gegangen. Man erkennt natürlich in der Stadt viele Leute wieder, die man schon einmal in der Voith-Arena getroffen hat.
Sie sind vor achteinhalb Jahren zum FC Heidenheim gewechselt, da war der Club gerade in die vierte Liga aufgestiegen. Wie sah es damals hier aus?
Es sah genauso aus, wie vier Jahre zuvor, als ich zum ersten Mal für ein Auswärtsspiel hier war. Es gab eine kleine Tribüne und einen Kiosk, nichts sah nach großem Fußball aus – eher nach viel Wiese. Vor dem ersten Regionalligaspiel wurde das Stadion dann erweitert, heute haben wir Topbedingungen. Damals war es eher rustikal, deshalb kann man sagen, es hat sich hier vom Sportplatz zum Stadion entwickelt.
Wie war diese Reihe von Aufstiegen ohne Investor möglich?
Wir haben mittlerweile über 400 Partner und Sponsoren, darunter viele mittelständische Unterneh- men, das ist die wirtschaftliche Basis. Aber vor allem war es die Kontinuität in der Vereinsführung. Hätte es alle zwei Jahre ein großes Stühlerücken gegeben, wären wir wohl nicht so erfolgreich. Hier hat man alles wachsen lassen und dieses Rezept war erfolgreich. Sie kommen aus Baden-Württemberg, spielten vorher für den SGV Freiberg und die zweite Mannschaft des KSC. Warum der Schritt nach Heidenheim? Ich hatte in Freiberg eine gute Zeit. In Karlsruhe wurde ich nicht auf der optimalen Position eingesetzt und hatte vielleicht auch nicht die Rückendeckung. Der Kontakt nach Heidenheim bestand zuvor schon länger, 2008 bin ich dann eben hierher gewechselt.
Welche Rolle spielt Frank Schmidt, der Trainer mit der aktu-
ell längsten Amtszeit im deutschen Profifußball (seit 2007), bei alledem? Selbst als wir Phasen hatten, in denen ein paar Spiele hintereinander verloren gingen, ist er nicht infrage gestellt worden. Er hat sich wie die Mannschaft an jedes Level angepasst und stetig weiterentwickelt. Auch nach acht Jahren unter ihm als Trainer macht unsere Zusammenarbeit immer noch Spaß.
In der „Kicker“-Wertung sind Sie nach Noten der Topspieler der Hinrunde, Ihr Torkonto ist jedes Jahr kontinuierlich hoch. Gab es nie den Drang, den Verein zu verlassen?
Nach dem Verpassen der Aufstiegsrelegation 2013 zu Drittligazeiten gab es durchaus Überlegungen. Der Verein wollte aber neu angreifen, weshalb ich diese Gedanken schnell verworfen habe. Am Ende der Saison sind wir dann als Meister der 3. Liga aufgestiegen.
Sie sind Kapitän und Torjäger, was zeichnet den Spieler Schnatterer aus?
Ich bin ein Instinktfußballer, versuche die Defensive zu entlasten und verfüge über einen guten Abschluss. Zudem kann ich bei Standards Chancen kreieren. Als Kapitän wird erwartet, dass ich vorangehe. In diese Rolle habe ich mich zwar hineinfinden müssen, aber auch das gelernt.
Derzeit belegt Heidenheim Platz vier und hat nur drei Punkte Rückstand auf den Relegationsplatz. Ist der Aufstieg drin?
Im Vergleich zu den vergangenen Jahren ist die Chance natürlich groß wie nie. Der Aufstieg ist für uns aber kein Ziel für diese Saison, sondern eine langfristige Vision. Viel wichtiger ist: Wir spielen einen konstanten und guten Fußball und darauf bin ich stolz.
Am Wochenende geht es zum Auftakt gegen Erzgebirge Aue ...
Wir erwarten ein unangenehmes Spiel. Mit einem Sieg wäre es natürlich ein perfekter Start! Ihr Vertrag läuft noch bis 2020. Jetzt der Aufstieg und noch zwei Jahre Bundesliga wären doch ein perfekter Abschluss der Karriere. Wenn die Möglichkeit besteht, den Schritt in die Bundesliga irgendwann mit dem 1. FC Heidenheim zu gehen, wäre das natürlich das i-Tüpfelchen auf meiner Karriere.
Und auch für die Zeit danach läuft die Vorbereitung, Sie studieren Sportmanagement. Was liegt da näher, als lebenslang bei Heidenheim zu bleiben und hier ins Management einzusteigen ...
Derzeit spannt mich der Fußball natürlich mehr ein, aber ich will den Abschluss zeitnah machen. Über die Karriere nach der aktiven Zeit haben wir noch nicht gesprochen, aber ich bin fußballverrückt und kann mir vorstellen, in dem Bereich zu bleiben, und wenn man so lange im Verein ist, ist das natürlich vorstellbar.
Aber erst einmal wäre ein weiterer Aufstieg als Spieler noch schön, oder?
Ob es dieses Jahr klappt, darüber machen sich andere mehr Gedanken. Aber mein Vertrag läuft noch drei Jahre und ich hoffe, dass ich noch ein oder zwei Jahre länger spielen kann. Zeit genug also.
„Der Aufstieg in die 1. Bundesliga wäre das i-Tüpfelchen auf meiner Karriere.“