Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Aktivist will Tempo 80 bei Nässe auf der A 96 verhindern
Julian Sincu reicht Petition beim Landtag ein, um das Aufstellen der Verkehrsschilder zu stoppen
- Julian Sincu aus Neuffen im Kreis Esslingen geht gegen das geplante Tempolimit auf der Autobahn 96 vor. Ausgangspunkt für seinen Protest ist ein Bericht der „Schwäbischen Zeitung“(Donnerstagsausgabe), den Sincu online gelesen hat. Noch in der Nacht zum Donnerstag hat sich der 24-Jährige an den Petitionsausschuss des baden-württembergischen Landtags gewandt und könnte so das Tempolimit vorerst stoppen.
Wie berichtet, soll in Kürze auf der A 96 zwischen Wangen und Leutkirch in beiden Richtungen Tempo 80 bei Nässe gelten. Die entsprechenden Schilder sollen aufgestellt werden, sobald dies das Wetter zulässt, erklärte das Verkehrsministerium auf Anfrage des Ulmer SPD-Abgeordneten Martin Rivoir. Den Schritt begründet Uwe Lahl, Ministerialdirektor von Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne), mit einer Gefahrenanalyse des zuständigen Regierungspräsidiums Tübingen. Dieses habe aufgrund einer Untersuchung im vergangenen Herbst eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf der 13 Kilometer langen Autobahnstrecke bei schlechten Wetterbedingungen angeordnet.
Julian Sincu zweifelt die Rechtmäßigkeit dieser Maßnahme an. Er bezieht sich auf ein Gutachten vom Sommer 2016 im Auftrag des Verkehrsministeriums. Es sollte klären, ob auf der Strecke ein zweijähriger Modellversuch mit Tempo 120 möglich sei. „Laut dem Rechtsgutachten ist eine Verkehrsbeschränkung lediglich auf fünf Kilometern und auch nur in Fahrtrichtung Süden rechtmäßig“, argumentiert Sincu.
Durch seine Petition will er erreichen, dass die Tempo-80-Schilder gar nicht erst aufgestellt werden. Er beruft sich auf das Stillhalteabkommen, eine Vereinbarung zwischen Landtag und Landesregierung. Wie ein Sprecher der Geschäftsstelle des Petitionsausschusses erklärt, dürfen demnach Maßnahmen, gegen die sich eine Petition richtet, so lange nicht durchgeführt werden, bis der Fall geklärt ist. Und das kann dauern.
Ausnahmen seien jedoch möglich, wenn es etwa gesetzliche Ansprüche oder rechtliche Verpflichtungen gebe. „Ob solche Verpflichtungen vorliegen, muss zunächst vom zuständigen Ministerium geprüft werden“, so der Sprecher.
Zum konkreten Fall will sich das Verkehrsministerium nicht äußern. Eine Sprecherin teilt auf Anfrage mit: „Grundsätzlich sind Ausnahmen vom sogenannten Stillhalteabkommen zulässig, wenn überwiegende Interessen der Allgemeinheit oder eines Dritten einer Verzögerung des Verfahrens entgegenstehen.“
„Freie Fahrt fürs Ländle“
Die aktuelle Petition von Sincu ist nicht die einzige: „Es fing damit an, dass wir unter Grün-Rot verstärkt Geschwindigkeitsbeschränkungen gesehen haben.“Aus einer Initiative gegen ein Tempolimit auf der B 313 bei Nürtingen, die damals vorwiegend von der Jungen Union getragen wurde, entwickelte sich eine parteiübergreifende Initiative mit dem Namen „Verkehrsfluss statt Tempolimits – Freie Fahrt fürs Ländle“. Ihr Kern bestehe aus zehn Mitstreitern, so Sincu. Das Ziel: „Tempolimits müssen nachvollziehbar sein. Wenn es keine konkrete Gefahrenlage gibt, gibt es auch keinen Grund, den Verkehr zu behindern.“
Obwohl es ein „zäher Kampf“sei, treibe ihn der große Zuspruch an, erklärt Sincu, der in einem mittelständischen Unternehmen in der IT arbeitet. Und kündigt an, in Kürze eine weitere Petition einzureichen: gegen ein Tempolimit von 130 auf der A 81 zwischen dem Kreuz Hegau und dem Dreieck Bad Dürrheim. Darüber verhandeln die grün-schwarzen Regierungspartner nämlich gerade.