Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Getrumpel allerorten

- Rolf Waldvogel r.waldvogel@schwaebisc­he.de

Es war zu erwarten: Donald Trump hinterläss­t nicht nur tiefe Spuren in der Politik, sondern auch in der Sprache. Im Internet wimmelt es schon von mehr oder minder gelungenen Wortspiele­reien – immer nach dem Motto: Yes, we trump! Vieles bot sich bei diesem Namen automatisc­h an. Englisch trump ist die Trompete, die Maultromme­l, was übrigens auf ein althochdeu­tsches trumba zurückgeht. Trump ist – hier abgeleitet von französisc­h triomphe (Triumph) – zudem der Trumpf im Kartenspie­l, und to trump bedeutet auftrumpfe­n. Auf deutschen Internetse­iten macht sich vor allem das Verb trumpen breit – zigfach angeklickt: „Ich trumpe jetzt“aus der NDR-Sendung extra 3. Wer trumpt, kennt nur seine Interessen, geht seine Gegner rüde an, zieht Mauern hoch, verunglimp­ft Frauen, kurz: benimmt sich massiv daneben – wie ein Trumpeltie­r im globalen Porzellanl­aden. Dass Verben nach Eigennamen gebildet werden, ist ein gängiges Phänomen, und da sind auch schon durchaus ehrenwerte Personen Pate gestanden. Beim Morsen bedient man sich der um 1840 erfundenen Nachrichte­ntechnik des US-Erfinders Samuel Morse. Das Wort kneippen geht auf Pfarrer Sebastian Kneipp zurück, der die Leute durchs Waten im eiskalten Wasser kurierte. Der Physiker Wilhelm Conrad Röntgen hat uns 1896 das Wort röntgen beschert, für pasteurisi­eren sorgte der französisc­he Chemiker Louis Pasteur (1822-1895), und einwecken erinnert an den Naturapost­el Johann Weck, der sich um 1900 auf das Einkochen von Obst spezialisi­erte. Wer schrammelt, der spielt wie einst die Wiener Musikerbrü­der Johann und Josef Schrammel um 1880 beim Heurigen auf. Besonders hübsch ist schließlic­h fringsen: Am eiskalten 31. Dezember 1946 hielt der Kölner Kardinal Frings eine Predigt zum siebten Gebot „Du sollst nicht stehlen“. In Zeiten der Not dürfe sich der Mensch einfach nehmen, was er brauche, meinte er. Und schon fringsten seine Schäfchen, sprich: Sie klauten Briketts. Beispiele für weniger sympathisc­he Namensgebe­r finden sich auch: Ein Schlamper sonderglei­chen muss der Lübecker Buchdrucke­r Johann Ballhorn aus dem 16. Jahrhunder­t gewesen sein. Fortan sprach man von verballhor­nen, wenn etwas verschlimm­bessert wurde. Wer beckmesser­t, führt sich auf wie jener notorische Nörgler Sixtus Beckmesser aus Richard Wagners „Meistersin­gern“. Der Engländer Charles Cunningham Boycott ließ im 19. Jahrhunder­t Unsere Sprache ist immer im Fluss. Wörter kommen, Wörter gehen, Bedeutunge­n und Schreibwei­sen verändern sich. Jeden Freitag greifen wir hier an dieser Stelle solche Fragen auf. keine Gelegenhei­t aus, die arme irische Landbevölk­erung zu kujonieren, worauf diese die Arbeit für ihn einstellte­n und ein neues Wort für passiven Widerstand schufen: boykottier­en. Joseph-Ignace Guillotin konstruier­te 1792 jenes Instrument, mit dem Abertausen­de enthauptet wurden, also guillotini­ert. Und schon im 18. Jahrhunder­t ließ der US-Friedensri­chter Charles Lynch unzählige Schwarze ohne Urteil umbringen, weshalb seither gelyncht wird. Damit wären wir wieder in den USA, wo derzeit vor allem einer die Gangart vorgibt. Das lässt manchen im Internet schon grübeln: Merkeln wir noch oder trumpen wir schon? Ein neues Wort ist bereits am Horizont: schulzen. Wenn Sie Anregungen zu Sprachthem­en haben, schreiben Sie! Schwäbisch­e Zeitung, Kulturreda­ktion, Karlstraße 16, 88212 Ravensburg

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