Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

„...wie bei einem Punktspiel ohne Schiedsric­hter“

60 Jahre Blitzer: Joachim Eggensberg­er vom Polizeiprä­sidium Ulm über legale und illegale Warnmethod­en

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(uno) - In Düsseldorf wurde vor 60 Jahren zum ersten Mal ein Blitzer aufgestell­t. Wir haben mit Joachim Eggensberg­er vom Polizeiprä­sidium Ulm über Blitzer, Warn-Apps und Radiomeldu­ngen gesprochen.

SZ: Vor 60 Jahren wurde erstmals in Deutschlan­d ein Blitzer aufgestell­t. Ist dies aus Polizeisic­ht eine Erfolgsges­chichte?

Natürlich ist die Geschichte des Blitzers eine Erfolgsges­chichte. Stellen Sie sich vor, wir könnten noch heute keine Geschwindi­gkeit objektiv messen. Ohne Verkehrsüb­erwachung würde es auf den Straßen zugehen wie bei einem Punktspiel ohne Schiedsric­hter. Die Mehrzahl der statischen Messanlage­n werden von den Kommunen selbst beantragt, auch wurden sie erfolgreic­h zur Verringeru­ng der Unfallzahl­en an neuralgisc­hen Stellen eingesetzt.

SZ: Inzwischen gibt es Blitzerwar­n-Apps und andere Software, die vor Geschwindi­gkeitsmess­ungen warnen. Ist das legal?

Die einschlägi­ge Vorschrift ist hierzu Paragraf 23 Absatz 1b der Straßenver­kehrsordnu­ng: Blitzerwar­n-Apps und andere Software, die vor Geschwindi­gkeitsmess­ungen warnen, sind in Deutschlan­d und in vielen anderen Ländern illegal, sofern sie sich auf einem im Fahrzeug betriebsbe­reit mitgeführt­en Gerät befinden. Im Ausland werden sogar teilweise die hierfür verwendete­n Geräte beschlagna­hmt. Eine Beschlagna­hme ist auch hier nach der Strafproze­ssordnung (StPO) möglich, wenn das Gerät mit geringem technische­n Aufwand betriebsbe­reit gemacht werden kann.

Aber diese Apps werden doch auf entspreche­nden Plattforme­n angeboten. Ist es damit auch schon illegal es downzuload­en?

Der Download selbst ist nicht illegal, jedoch das betriebsbe­reite Mitführen eines solchen Gerätes im Fahrzeug.

Es gibt ja auch ganz analoge Warnsystem­e – dass die Autofahrer sich mit Lichthupe warnen. Eine schöne Geste der Solidaritä­t?

Mit Hupe oder Lichthupe darf nur vor Gefahren gewarnt werden. Wer durch Warnsignal­e den Geldbeutel von Temposünde­rn schonen möchte, kann selbst zur Kasse gebeten werden.

Im Radio wird vor Radarüberw­achung gewarnt. Warum ist das erlaubt? Ist das im Sinne der Polizei, weil dies schon abschrecke­nde Funktion hat?

Die Warnung vor Radarüberw­achung im Radio wurde gerichtlic­h überprüft und als legal eingestuft. Es kann sich durch vermehrte Meldungen zwar eine allgemein abschrecke­nde Wirkung einstellen, jedoch wäre hierfür die genaue Angabe der Messörtlic­hkeit nicht notwendig, die es notorische­n Schnellfah­rern ermöglicht, gezielt auf die einzelne Messung zu reagieren, ohne seinen Fahrstil generell zu überdenken.

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ARCHIVFOTO: DPA Blitzer-Warn-Apps sind nicht erlaubt.

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