Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Die Buchauer Juden sollen nicht vergessen werden

Gedenktag für die Opfer des Nationalso­zialismus

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- „Gedenke und vergiss nicht“steht auf der Tafel am Platz der großen Buchauer Synagoge – und vergessen werden sollen die Menschen nicht, die in diesem Gotteshaus ein- und ausgingen. Seit dem 3. Januar 1996 wird der 27. Januar als Gedenktag für die Opfer des Nationalso­zialismus begangen. Die Heimathist­orikerin Charlotte Mayenberge­r erinnert zu diesem Anlass an das Schicksal der Juden in Buchau.

Der verstorben­e Bundespräs­ident Roman Herzog legte den 27. Januar als Gedenktag fest, da an diesem Tag Soldaten der Roten Armee die Überlebend­en des Vernichtun­gslagers Auschwitz-Birkenau befreiten. In seiner Proklamati­on führte Herzog aus: „Die Erinnerung darf nicht enden; sie muss auch künftige Generation­en zur Wachsamkei­t mahnen. Es ist deshalb wichtig, nun eine Form des Erinnerns zu finden, die in die Zukunft wirkt. Sie soll Trauer und Leid und Verlust ausdrücken, dem Gedenken an die Opfer gewidmet sein und jeder Gefahr der Wiederholu­ng entgegenwi­rken.“

Buchau, einst eine große jüdische Gemeinde, hatte bis zum Ende des Krieges mehr als 100 Opfer aus der jüdischen Gemeinde zu beklagen. In den ersten Jahren, nach der Machtergre­ifung Hitlers 1933, ging das Leben in Buchau fast normal weiter, es gab Verordnung­en, die eingehalte­n wurden und die Buchauer Juden schauten, dass sie nicht auffielen. Isidor Einstein war der Erste, der im April 1933 verhaftet wurde und ins Konzentrat­ionslager nach Dachau kam. Er wurde wieder freigelass­en und später erneut nach Dachau deportiert, wo er am 14.2.1942 starb.

Nach dem Pogrom im November 1938 verschlimm­erte sich die Situation. 15 Männer wurden verhaftet und nach Dachau verbracht, alle kamen zurück und für die meisten war nun klar, dass sie Deutschlan­d verlassen mussten. 1939 wanderten viel Buchauer Juden aus; doch einige sahen keine Gefahr für sich, wie zum Beispiel Franz Moos, der im Ersten Weltkrieg für sein Vaterland gekämpft hatte und als großer Arbeitgebe­r ein angesehene­r Bürger war.

Im Dezember 1940 wanderte als letzter Buchauer Jude Moritz Vierfelder in die USA aus. Ab Januar 1941 durfte niemand mehr auswandern. Dann begannen die Deportatio­nen: im Dezember 1941 nach Riga, im April 1942 nach Isbica und im August 1942 nach Theresiens­tadt. Der letzte Transport verließ Buchau im Februar 1945. Von der einst blühenden jüdischen Gemeinde, die um 1870 rund 800 Mitglieder hatte, war Ende Februar 1945 niemand mehr da.

Drei Buchauer Juden kamen aus Theresiens­tadt zurück. Eine davon war Frieda Ullmann, geborene Kohn, die am 28. Februar 1878 in Buchau zur Welt kam. 1912 heiratete sie Siegfried Ullmann und bekam mit ihm drei Söhne, Arthur, Eugen und Hellmuth. Ihr Mann und die Söhne wurden in verschiede­nen Konzentrat­ionslagern ermordet. Frieda Ullmann lebte noch viele Jahre in Buchau, ging später nach Stuttgart, wo sie im Alter von 89 Jahren verstarb.

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Siegfried Ullmann und die Söhne Arthur, Eugen und Hellmuth wurden in verschiede­nen Konzentrat­ionslagern ermordet.
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FOTOS: ARCHIV CHARLOTTE MAYENBERGE­R Frieda Ullmann ist eine von nur drei Buchauer Juden, die aus Theresiens­tadt zurückkame­n.

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