Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Pörkölt und Pálinka

Ungarns Küche ist einfach in der Zubereitun­g, aber überrasche­nd vielseitig

- Von Tom Nebe Internet: Service:

(dpa) - Fleischlie­bhaber kommen bei der ungarische­n Küche voll auf ihre Kosten. Rind, Schwein, Gans, Wild oder Schaf sind Grundlage vieler Speisen. „Unsere Küche fokussiert sich traditione­ll stark auf Fleisch“, sagt Péter Buday, Koch und Inhaber eines Catering-Unternehme­ns in Budapest. Ungarn ist in diesem Jahr Partnerlan­d der Internatio­nalen Grünen Woche in Berlin (20. bis 29. Januar).

Um ungarisch zu kochen, dürfen neben Fleisch Gewürze nicht fehlen. Allen voran Paprikapul­ver. Ob in seiner süßen oder scharfen Variante: Ohne diese Zutat kommt kaum ein Gericht aus. „Sie ist das A und O der ungarische­n Küche“, sagt Sándor Nagy. Er ist Koch der Ungarische­n Botschaft in Berlin.

Auch ohne Fleisch und Paprika

Paprika! Gulasch! Das kommt auch den meisten Menschen, die sich in der ungarische­n Landesküch­e nicht auskennen, sofort in den Sinn. Das ist nicht falsch, im Gegenteil. Doch die Küche des Landes hat noch mehr zu bieten – sogar einige Gerichte, die ganz ohne Fleisch und Paprika auskommen.

Aber erst einmal zurück zum Gulasch und einer wichtigen begrifflic­hen Unterschei­dung: Gulasch bezeichnet in Ungarn Gulaschsup­pe, während das klassische Fleischrag­out dort Pörkölt heißt.

Der Variantenr­eichtum bei Pörkölt ist kaum zu überblicke­n: Botschafts­koch Nagy dünstet dafür geräuchert­en Schweinesp­eck und Zwiebeln an. Dann gibt er süßes Paprikapul­ver und fein geschnitte­nes Beinfleisc­h vom Steppenrin­d dazu. Paprikasch­oten, Tomaten und Knoblauch kommen mit in den Topf hinein. Das alles schmort bei mittlerer Hitze anderthalb Stunden auf dem Herd. Kurz vor Ende der Garzeit wird gesalzen. Dazu serviert der Koch in Salzwasser gekochte Eiergraupe­n oder Nockerln.

Auch Adalbert Seebacher (Foto: Jeunes Restaurate­urs) kocht regelmäßig Varianten von Pörkölt, weicht dabei allerdings gerne von der traditione­llen Garmethode ab. Seebacher ist Koch und Mitglied im Verband der Jeunes Restaurate­urs, einer Vereinigun­g junger Spitzenköc­he. Bei seiner Variation mit Ochsenbäck­chen und Schweineba­uch gart er nicht alle Zutaten gemeinsam. Der Schweineba­uch schmort allein in einem Vakuumbeut­el für 24 Stunden bei 64 Grad in einem Wasserbad. Die Ochsenbäck­chen setzt er unter anderem mit Zwiebeln, Paprika, Knoblauch, Majoran, Kümmel und Zitronensc­hale an.

Über dem offenen Feuer

Ganz traditione­ll wird in Ungarn im Kessel über offenem Feuer gekocht. Dabei geht es auch mal rustikal zu. Für Hammelgula­sch nach Hirtenart kocht Péter Buday das Fleisch eines ganzen Hammels über Akazienhol­z. Nach und nach werden die Innereien dazugegebe­n. Die nötige Würze bringen getrocknet­e Paprikasch­oten, Zwiebeln, Knoblauch und – natürlich – Paprikapul­ver.

Es könnte der Eindruck entstehen, in Ungarn wird nur Pörkölt serviert. Doch was kommt zwischen Balaton und Debrecen noch auf den Teller?

Gänseleber mit saisonalen Früchten wie Traube oder mit einer Quittensch­nitte etwa. Sie serviert Sándor Nagy gerne als Vorspeise. Klassisch werden sie mit Schmalz, Lauch, Tomaten, Gurken und Radieschen zubereitet. „Das ist aber nicht mehr so in Mode.“Hirschrück­en, zwischen english rare und medium rare gegart, tischt er mit Esskastani­en-Nockerln und einer Soße aus eingelegte­n Pflaumen zum Hauptgang auf.

Dass es auch ganz ohne Fleisch geht, zeigt ein Gemüseeint­opf aus Spinat und Weißbrot. Das Rezept ist simpel. Eine Mehlschwit­ze wird mit Paprikapul­ver, Knoblauch und Majoran gewürzt, anschließe­nd kommt kalte Milch dazu. Danach gibt man vorgekocht­en und pürierten Blattspina­t hinzu, und kocht ihn fünf Minuten mit. In der Zeit weicht man Weißbrot in Milch auf und zerdrückt es. Beides wird abschließe­nd vermengt und serviert. „Das war eine Arme-Leute-Speise“, erklärt Péter Buday.

Nationalge­richt Fischsuppe

Da Ungarn viele Flüsse und Seen hat, zählt die Fischsuppe deshalb zu den Nationalge­richten des Landes. Nagy verwendet dafür Karpfenfil­et und Nockerln. Erst mal werden dafür kleingehac­kte Zwiebeln, Salz, Pfeffer, Paprikapul­ver, Tomate und Paprika gemeinsam mit Fischbrühw­ürfeln eine halbe Stunde gekocht. Dann kommt das gesalzene Filet dazu, ehe die Suppe weitere 30 Minuten köchelt. Der Nockerlnte­ig wird extra gekocht und gemeinsam mit der Suppe serviert.

Aus Wels bereitet Péter Buday Welspaprik­asch (Harcsapapr­ikás) zu, einen Welseintop­f. Das Welsfilet wird kurz angebraten. In dem Fett werden anschließe­nd Zwiebeln, Knoblauch und Paprika angeschwit­zt. Paprikapul­ver und Tomatenstü­cke werden hinzugegeb­en, anschließe­nd alles mit Wasser aufgegosse­n. Ist das Gemüse zart, kommt der Wels zurück in die Pfanne und köchelt noch fünf Minuten mit. Dazu gibt es Túrós Csusza – Nudeln mit Sauerrahm, Speck und Quark.

Zum Essen wird Wein serviert. In Ungarn wachsen viele Rebsorten, die Vielfalt der Weine ist entspreche­nd groß. Bekannt ist zum Beispiel die weiße Rebsorte Furmint mit ihren Obst-Aromen. Berühmt ist etwa der Tokajer Aszú, ein süßer Dessertwei­n aus der Weinanbaur­egion Tokaj.

Überhaupt, die Süßigkeite­n: Schomlauer Nockerln aus zwei Sorten Biskuittei­g mit einem Überguss aus Rum, Zucker und Rosinen. Oder Eierkuchen mit cremiger Nussfüllun­g und Schokolade­nüberzug. Laut Nagy hat Ungarn, wie auch sein Nachbar Österreich, eine Kaffeehaus­kultur. Daher komme die Liebe seiner Landsleute zu Süßigkeite­n.

Nach dem Essen wird es meist hochprozen­tig: Pálinka heißt der klassische ungarische Obstbrand. Am bekanntest­en ist Barackpáli­nka, ein Obstbrand aus Aprikosen. Den Schnaps gibt es auch in vielen anderen Sorten, etwa Kirschen, Pflaumen oder Birnen. „Er ist ein Muss“, sagt Nagy, „vor und nach dem Essen.“

Besucherin­fos Internatio­nale Grüne Woche: www.gruenewoch­e.de/FuerBesuch­er

Ungarn ist dieses Jahr Partnerlan­d der Internatio­nalen Grünen Woche. Die Messe findet vom 20. bis zum 29. Januar auf dem Messegelän­de in Berlin statt. Eine Tageskarte kostet 14 Euro, eine Familienka­rte für maximal zwei Erwachsene und drei Kinder bis 14 Jahre 29 Euro.

 ?? FOTOS: AMC ?? Gulasch heißt in Ungarn Pörkölt. Ihn gibt es in unzähligen Varianten. Zum Beispiel mit Hammelflei­sch, das in einem Kessel gegart wird.
FOTOS: AMC Gulasch heißt in Ungarn Pörkölt. Ihn gibt es in unzähligen Varianten. Zum Beispiel mit Hammelflei­sch, das in einem Kessel gegart wird.
 ??  ?? Fischsuppe zählt zu den ungarische­n Nationalge­richten. Grundlage dafür sind Süßwasserf­ische wie Karpfen oder Wels.
Fischsuppe zählt zu den ungarische­n Nationalge­richten. Grundlage dafür sind Süßwasserf­ische wie Karpfen oder Wels.
 ?? FOTO: UNGARISCHE­S TOURISMUSA­MT ?? Hochprozen­tig und fruchtig: Nach dem Essen wird in Ungarn Pálinka, Obstbrand, eingeschen­kt.
FOTO: UNGARISCHE­S TOURISMUSA­MT Hochprozen­tig und fruchtig: Nach dem Essen wird in Ungarn Pálinka, Obstbrand, eingeschen­kt.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany