Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Skandal bei der Bundeswehr in Pfullendor­f

Misshandlu­ngen und sexuelle Demütigung­en in Elite-Kaserne

- Von Ludger Möllers und Dirk Thannheime­r

- Die Bundeswehr steht vor einem neuen Skandal: Im Pfullendor­fer Ausbildung­szentrum „Spezielle Operatione­n“, einer Einrichtun­g zur Ausbildung von Elite-Soldaten, soll es bei der Ausbildung von Sanitätern zu Erniedrigu­ngen, sadistisch­en Gewaltritu­alen, Mobbing und sexueller Nötigung gekommen sein.

Auch wird unter den Wachmannsc­haften der Staufer-Kaserne wegen des Verdachts auf Freiheitsb­eraubung, gefährlich­er Körperverl­etzung, Gewaltdars­tellung und Nötigung ermittelt. Die Staatsanwa­ltschaft ist eingeschal­tet. Spiegel-Online hatte am Freitag von den Vorgängen berichtet, das Verteidigu­ngsministe­rium bestätigte diese wenig später. Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen (CDU) hat sich persönlich eingeschal­tet und die Praktiken scharf verurteilt.

Die Bundeswehr hat erste personelle Konsequenz­en gezogen: Der Kommandeur des Ausbildung­szentrums, Oberst Thomas Schmidt, wird versetzt. Sieben Wachsoldat­en wurden bereits vom Dienst suspendier­t und sollen entlassen werden. Sieben weitere Soldaten, unter ihnen Stabsoffiz­iere, wurden versetzt.

Die Vorwürfe sind beklemmend: Ein weiblicher Leutnant wandte sich im Oktober 2016 an den Wehrbeauft­ragten des Bundestags, um ihm von grausamen Szenen zu berichten. Soldaten hätten sich bei der Ausbildung vor ihren Kameraden nackt ausziehen müssen. Von den Ausbildern wurden sie dabei gefilmt. Die Soldatin schilderte das Beispiel, dass bei der Ausbildung Tampons in den After eingeführt worden seien.

Ein Soldat der Staufer-Kaserne schenkt den Berichten keinen Glauben. „Das ist eine bodenlose Frechheit, was hier alles behauptet wird.“ Maximal zehn Prozent der Vorwürfe würden zutreffen, die Staufer-Kaserne sei eine gute Adresse.

Doch die Ermittlung­en ergeben ein anderes Bild. Offenbar soll die Ausbildung völlig aus dem Ruder gelaufen sein. Mit der Aufdeckung weiterer Fälle ist zu rechnen.

Für Kommandeur Thomas Schmidt endet nach diesem Skandal seine Bundeswehr-Dienstzeit in Pfullendor­f. Seit 2013 kommandier­te er die Staufer-Kaserne. Vor drei Wochen hatte Schmidt seinen letzten Auftritt in der Öffentlich­keit. Als Mitveranst­alter des Neujahrsem­pfangs in der Pfullendor­fer Stadthalle schüttelte er jedem Gast die Hand, wünschte in seinem Grußwort alles Gute für 2017.

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FOTO: THOMAS WARNACK Der Eingang zur Staufer-Kaserne in Pfullendor­f am Freitagabe­nd.

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