Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Nur die Ruhe bewahren

Das Institut der Deutschen Wirtschaft bleibt gelassen – Trump und May werden am Ende nicht viel erreichen

- Von Sabine Lennartz

- Trotz aller drohenden Schreckens­szenarien für Europa reagiert Michael Hüther (Foto: dpa) vom Institut der deutschen Wirtschaft gelassen. Weder Englands Premiermin­isterin Theresa May mit dem Brexit noch der Protektion­ismus des USPräsiden­ten Donald Trump würden ihren Ländern langfristi­g mehr Wachstum bescheren, meint Hüther.

Neun von zehn deutschen Firmen sehen ihre Geschäftst­ätigkeit vom bevorstehe­nden Brexit nicht betroffen. 24 Prozent der Unternehme­n erwarten sogar Vorteile für ihre Geschäfte durch einen Umlenkungs­effekt. Hüthers Fazit: „Der Brexit wird den Briten mehr schaden als der deutschen Wirtschaft und dem Rest der EU.“Deshalb hält es Hüther auch nicht für ausgeschlo­ssen, dass die Abgeordnet­en des britischen Parlaments den Brexit im letzten Moment doch noch stoppen, wenn die Nachteile sichtbar werden.

Die EU allerdings müsse an sich arbeiten und darauf achten, dass die Schuldenkr­ise nicht weiter eskaliert. Für Griechenla­nd seien Schuldener­leichterun­gen und eine Aufnahme griechisch­er Staatsanle­ihen in das Ankaufprog­ramm der EZB denkbar, aber nur, wenn Athen kooperiere. Schwierige­r sei es in Italien. Hier gehe es darum, die Wirtschaft besser in Schwung zu bringen. Hüther sieht für die Bankenunio­n in Italien ihren ersten Test auf Glaubwürdi­gkeit.

Der Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft setzt auf ein Ende der expansiven Geldpoliti­k und eine Heraufsetz­ung des Leitzinses von null auf 0,1 Prozent und in einem weiteren Schritt auf 0,25 Prozent. Mit dem Verschwind­en der Deflations­gefahr erhalte die EZB den Freiraum zurück, geldpoliti­sch zu agieren, hofft Hüther.

Von Donald Trumps Wirtschaft­spolitik verspricht sich Hüther vielleicht eine kurze Belebung der amerikanis­chen Wirtschaft, langfristi­g aber negative Effekte. „Trump wird am Ende nicht viel erreichen“, sagt Michael Hüther. Mit Protektion­ismus lasse sich auf lange Sicht kein Wohlstand sichern. Wenn Trump seine Strategie „America first“durchsetze und dafür sorge, die Niedrigloh­nkonkurren­z in den USA einzudämme­n, gebe er die asiatisch-pazifische Region als Einflusssp­häre preis. China warte nur darauf, in diese Lücke zu stoßen, meint Michael Hüther.

Deutschlan­d aber könnte von Trumps Kurs kurzfristi­g stark betroffen werden. 9,5 Prozent der deutschen Warenexpor­te entfallen auf die USA, in der Pharmaindu­strie sogar 19 Prozent, in der Autoindust­rie 15. Das sei die Achillesfe­rse.

Trotzdem rät Hüther, dass Unternehme­n jetzt Haltung zeigen müssten und die normative Verankerun­g der EU, Freiheit und Rechte, Menschenun­d Bürgerrech­te, Volkssouve­ränität und Demokratie, Verfahrens­sicherheit statt Willkür, Rechnung tragen müssten, um Trumps Druck standzuhal­ten.

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