Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
29-Jährige schmeißt mit Aschenbecher
Ex-Freund kann Treffer am Kopf nur mit Reflex verhindern – 1200 Euro Geldstrafe
- Weil sie ihrem Ex-Freund einen Aschenbecher aus Glas in Richtung des Kopfes geworfen hatte, musste sich eine 29 Jahre alte Frau aus einer Gemeinde bei Sigmaringen vor dem Sigmaringer Amtsgericht verantworten. Die Frau kam mit einer Geldstrafe davon.
November 2015: Die Angeklagte wartet in der gemeinsamen Wohnung auf ihren damaligen Freund. Er soll ihr Wimperntusche mitbringen. Der heute 40-Jährige vergisst das aber, weshalb es zum Streit kommt. Sie fühlt sich provoziert und greift zum mit Asche gefüllten Aschenbecher, der sich vor ihr auf dem Tisch befindet. Aus einer Entfernung von rund vier Metern wirft sie ihn in Richtung des Kopfes ihres Freundes, der blitzartig seinen Ellenbogen hochzieht – und nur auf diese Weise verhindern kann, dass ihn der Aschenbecher im Gesicht trifft.
Die Angeklagte gibt vor Gericht sofort zu, den Wurf getätigt zu haben. Er sei aber nicht gezielt erfolgt, sie habe ihren Freund nicht verletzen wollen. Mit ruhiger Stimme erklärt sie, es habe immer wieder Streitigkeiten wegen Kleinigkeiten gegeben, beide hätten den anderen gerne und oft provoziert. Sie habe sich an diesem Tag nicht ernst genommen gefühlt, auch Eifersucht sei im Spiel gewesen: „Aus Wut habe ich schließlich zum Aschenbecher gegriffen“, sagt sie. Der Geschädigte erlitt durch den Aschenbecher einen Bluterguss am Ellenbogen.
Der 40-Jährige war nach der Attacke sofort zur Polizei gegangen. Einen Tag später söhnten sich die beiden wieder aus, ihre Beziehung hatte noch ein halbes Jahr Bestand.
Er schilderte im Gericht, dass sie sich häufig entschuldigt und er die Entschuldigung auch angenommen habe. Nur wenige Tage nach der Tat habe er bei der Polizei auch auf einen Strafantrag verzichtet. Wegen der besonderen Schwere des Falls habe die Staatsanwaltschaft dennoch Anklage erhoben, teilte Richterin Nadine Zieher mit. Der 40-Jährige betonte im Gericht, dass es die Verhandlung aus seiner Sicht nicht geben müsse, er habe auch heute noch ein freundschaftliches Verhältnis zu seiner Ex-Freundin, und er habe den Eindruck, sie habe ihr Temperament mittlerweile besser im Griff.
Allerdings gab er auch preis, dass die 29-Jährige im Verlauf der rund vierjährigen Beziehung häufiger mit Gegenständen nach ihm geworfen habe, der Fall mit dem Aschenbecher sei dann zu viel gewesen. Auch habe er den Eindruck gehabt, sie habe den Aschenbecher gezielt gegen ihn geworfen. Die 29-Jährige sei immer wieder „unbegründet eifersüchtig“gewesen, das sei ein „Dauerthema“gewesen.
Die Staatsanwältin machte deutlich, dass sich die Schuld der Angeklagten im Verlauf der Verhandlung bestätigt habe. „Ich bin überzeugt davon, dass Sie den Aschenbecher gezielt in Richtung ihres damaligen Freundes geworfen haben“, sagte sie. Zudem liege es nicht gerade nahe, einen auch noch gefüllten Aschenbecher überhaupt zu schmeißen. Da der Auslöser – die vergessene Wimperntusche – zudem nichtig und nicht nachvollziehbar sei, hielt sie eine Freiheitsstrafe von acht Monaten, ausgesetzt zur Bewährung, für angemessen.
Der Wahlverteidiger betonte die schwierigen Lebensumstände der Angeklagten zum Zeitpunkt des Wutausbruchs: Sie sei in psychiatrischer Behandlung gewesen, zudem arbeitslos und perspektivlos. Er glaube zudem seiner Mandantin, dass der Ex-Freund sie erheblich provoziert habe. Eine geringe Geldstrafe sei aus seiner Sicht angemessen.
Dies sah letztlich auch Richterin Zieher so, die die 29-Jährige wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe in Höhe von 1200 Euro verurteilte. Für sie stehe allerdings auch außer Frage, dass der Wurf des Aschenbechers absichtlich und gezielt erfolgt sei – sonst wäre dieser wohl kaum in der Nähe des Kopfes des Opfers angekommen: „An solche Zufälle glaube ich nicht.“