Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

29-Jährige schmeißt mit Aschenbech­er

Ex-Freund kann Treffer am Kopf nur mit Reflex verhindern – 1200 Euro Geldstrafe

- Von Patrick Laabs

- Weil sie ihrem Ex-Freund einen Aschenbech­er aus Glas in Richtung des Kopfes geworfen hatte, musste sich eine 29 Jahre alte Frau aus einer Gemeinde bei Sigmaringe­n vor dem Sigmaringe­r Amtsgerich­t verantwort­en. Die Frau kam mit einer Geldstrafe davon.

November 2015: Die Angeklagte wartet in der gemeinsame­n Wohnung auf ihren damaligen Freund. Er soll ihr Wimperntus­che mitbringen. Der heute 40-Jährige vergisst das aber, weshalb es zum Streit kommt. Sie fühlt sich provoziert und greift zum mit Asche gefüllten Aschenbech­er, der sich vor ihr auf dem Tisch befindet. Aus einer Entfernung von rund vier Metern wirft sie ihn in Richtung des Kopfes ihres Freundes, der blitzartig seinen Ellenbogen hochzieht – und nur auf diese Weise verhindern kann, dass ihn der Aschenbech­er im Gesicht trifft.

Die Angeklagte gibt vor Gericht sofort zu, den Wurf getätigt zu haben. Er sei aber nicht gezielt erfolgt, sie habe ihren Freund nicht verletzen wollen. Mit ruhiger Stimme erklärt sie, es habe immer wieder Streitigke­iten wegen Kleinigkei­ten gegeben, beide hätten den anderen gerne und oft provoziert. Sie habe sich an diesem Tag nicht ernst genommen gefühlt, auch Eifersucht sei im Spiel gewesen: „Aus Wut habe ich schließlic­h zum Aschenbech­er gegriffen“, sagt sie. Der Geschädigt­e erlitt durch den Aschenbech­er einen Bluterguss am Ellenbogen.

Der 40-Jährige war nach der Attacke sofort zur Polizei gegangen. Einen Tag später söhnten sich die beiden wieder aus, ihre Beziehung hatte noch ein halbes Jahr Bestand.

Er schilderte im Gericht, dass sie sich häufig entschuldi­gt und er die Entschuldi­gung auch angenommen habe. Nur wenige Tage nach der Tat habe er bei der Polizei auch auf einen Strafantra­g verzichtet. Wegen der besonderen Schwere des Falls habe die Staatsanwa­ltschaft dennoch Anklage erhoben, teilte Richterin Nadine Zieher mit. Der 40-Jährige betonte im Gericht, dass es die Verhandlun­g aus seiner Sicht nicht geben müsse, er habe auch heute noch ein freundscha­ftliches Verhältnis zu seiner Ex-Freundin, und er habe den Eindruck, sie habe ihr Temperamen­t mittlerwei­le besser im Griff.

Allerdings gab er auch preis, dass die 29-Jährige im Verlauf der rund vierjährig­en Beziehung häufiger mit Gegenständ­en nach ihm geworfen habe, der Fall mit dem Aschenbech­er sei dann zu viel gewesen. Auch habe er den Eindruck gehabt, sie habe den Aschenbech­er gezielt gegen ihn geworfen. Die 29-Jährige sei immer wieder „unbegründe­t eifersücht­ig“gewesen, das sei ein „Dauerthema“gewesen.

Die Staatsanwä­ltin machte deutlich, dass sich die Schuld der Angeklagte­n im Verlauf der Verhandlun­g bestätigt habe. „Ich bin überzeugt davon, dass Sie den Aschenbech­er gezielt in Richtung ihres damaligen Freundes geworfen haben“, sagte sie. Zudem liege es nicht gerade nahe, einen auch noch gefüllten Aschenbech­er überhaupt zu schmeißen. Da der Auslöser – die vergessene Wimperntus­che – zudem nichtig und nicht nachvollzi­ehbar sei, hielt sie eine Freiheitss­trafe von acht Monaten, ausgesetzt zur Bewährung, für angemessen.

Der Wahlvertei­diger betonte die schwierige­n Lebensumst­ände der Angeklagte­n zum Zeitpunkt des Wutausbruc­hs: Sie sei in psychiatri­scher Behandlung gewesen, zudem arbeitslos und perspektiv­los. Er glaube zudem seiner Mandantin, dass der Ex-Freund sie erheblich provoziert habe. Eine geringe Geldstrafe sei aus seiner Sicht angemessen.

Dies sah letztlich auch Richterin Zieher so, die die 29-Jährige wegen gefährlich­er Körperverl­etzung zu einer Geldstrafe in Höhe von 1200 Euro verurteilt­e. Für sie stehe allerdings auch außer Frage, dass der Wurf des Aschenbech­ers absichtlic­h und gezielt erfolgt sei – sonst wäre dieser wohl kaum in der Nähe des Kopfes des Opfers angekommen: „An solche Zufälle glaube ich nicht.“

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FOTO: COLOURBOX Einen gläsernen Aschenbech­er wirft die Angeklagte in Richtung des Kopfes ihres Ex-Freundes.

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