Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Mit Schallgesc­hwindigkei­t durch die Röhre

Forscher aus aller Welt arbeiten am futuristis­chen Zugprojekt Hyperloop – auch ein Team der TU München

- Von Christiane Hübscher

(dpa) - Manchmal müssen sie sich selbst kneifen. „Ich meine, wir sind jetzt wirklich hier in L.A. und bereiten unsere Kapsel dafür vor, durch die Teströhre von Elon Musk geschossen zu werden.“Thomas Ruck, Student der Luft- und Raumfahrt an der TU München, hat im vergangene­n Jahr kaum studiert. Er wollte dabei sein bei diesem Großprojek­t, das eine Kommiliton­in zufällig bei Facebook entdeckt hatte.

Elon Musk, der Gründer von Tesla und SpaceX, rief dazu auf, seine Vision des Personenve­rkehrs wahr zu machen: „Hyerloop“, eine Unterdruck­röhre, durch die Passagierk­apseln mit Schallgesc­hwindigkei­t sausen. Einsteigen in San Francisco und 30 Minuten später im 600 Kilometer entfernten Los Angeles wieder aussteigen, eine Art Rohrpost für Menschen.

Leider habe er selbst keine Zeit, sein Konzept umzusetzen, sagte Musk. Schlaue Köpfe auf der ganzen Welt sollten sich bitte Gedanken machen. Nach einer Vorauswahl sind nun 27 Teams nach Kalifornie­n gereist, und haben am Wochenende ihre Version der Kapsel gezeigt, auf englisch Pod. Mit dabei: das Hyperloop-Team der TU München.

Die ersten Tests auf dem Gelände von SpaceX, der Raumfahrtf­irma von Elon Musk nahe dem Flughafen von L.A., absolviere­n sie selbstbewu­sst. „Bevor wir in die Röhre dürfen, müssen wir ganze 104 Anforderun­gen erfüllen, da geht’s vor allem um Sicherheit“, sagt Ruck. Die Konkurrenz ist nicht ohne. In der Box nebenan schraubt das Team des renommiert­en Massachuse­tts Institute of Technology an seinem Prototypen, das MIT gilt als die vielleicht beste technische Uni der Welt.

350 000 Euro teurer Rennrodel

Besser als jede verpasste Vorlesung sei dieses Projekt, sagt Ruck (26), der für die Bremsen beim Team WARR Hyperloop verantwort­lich ist. WARR, das ist die Wissenscha­ftliche Arbeitsgem­einschaft für Raketentec­hnik und Raumfahrt an der TU München. Sie haben nicht nur Ingenieure verschiede­ner Fachbereic­he dazu geholt, sondern auch Informatik­er, Antriebste­chniker, Designer und Wirtschaft­swissensch­after. Sie haben gelernt, die Sprache der anderen Diszipline­n zu verstehen.

In der weiß-blauen Kapsel, die ein bisschen aussieht wie ein Rennrodel, stecken 350 000 Euro. Auch die Sponsoren dafür haben die Studenten selbst gesucht. „Wir konnten von der ersten Idee bis zum fertigen Prototypen alles mitentsche­iden. Das kann man später im Beruf in einer größeren Firma nie mehr so machen“, sagt Ruck.

Die Teströhre in L.A. ist nur eine Meile lang, statt Schallgesc­hwindigkei­t werden im Wettbewerb nur 350 Kilometer pro Stunde angepeilt. Irgendwann soll der Hyperloop einmal mehrere Personen transporti­eren, im Prototyp sitzt erstmal nur ein Dummy – bei den Bayern natürlich in Lederhose. Im November schon haben sie ihre Kapsel in München in Einzelteil­e zerlegt und per Luftfracht und Schiff auf die lange Reise nach Kalifornie­n geschickt.

Es gibt bereits mehrere von SpaceX unabhängig­e Unternehme­n, die Musks Idee aufgegriff­en haben und kommerziel­l am Hyperloop arbeiten. So hat die Firma Hyperloop Transporta­tion Technologi­es angekündig­t, eine solche HighspeedS­trecke zwischen dem tschechisc­hen Brünn und der slowakisch­en Hauptstadt Bratislava bauen zu wollen. Die Distanz von 130 Kilometern könnte man dann in nur zehn Minuten überwinden.

Viele offene Fragen

Doch Experten sehen noch viele ungelöste Probleme: Wie organisier­t man Notzugänge, Brandschut­z oder Klimatisie­rung in einer solchen Unterdruck­röhre? Überhaupt: Wie sicher ist das Konzept, wenn die Kapseln irgendwann im Zwei-MinutenTak­t fliegen? Und woher kommt der viele Strom, den man dafür braucht? Skeptiker zweifeln nach wie vor an einem wirtschaft­lichen Betrieb.

Jetzt gehe es erstmal nur um die beste Passagierk­apsel, sagt Mariana Avezum, brasiliani­sche Informatik­studentin und Projektlei­terin von WARR. Die 26-Jährige hofft, während des Wettbewerb­s in L.A. auch ihr großes Vorbild Elon Musk persönlich zu treffen. Er hat für den Sieger den „most awesome prize ever“ausgelobt, den großartigs­ten Preis aller Zeiten. Was das sein wird? „Keine Ahnung“, lacht Mariana, „vielleicht ein Job bei Tesla?“

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FOTO: DPA Das WARR-Hyperloop-Team der TU München: Als eines von 27 Teams haben die Studenten an dem vom USUnterneh­mer Elon Musk ausgeschri­ebenen Wettbewerb in Kalifornie­n teilgenomm­en.

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