Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
„Perspektive auf Zuwächse bei Aktien und Immobilien“
Hartwig Webersinke rät zu Substanzwerten
- Hartwig Webersinke, Professor für Finanzdienstleistungen und Dekan der Wirtschafts- und Rechtsfakultät der Hochschule Aschaffenburg, sprach mit Florian Junker über die Bedeutung von Finanzwissen für ganz normale Anleger.
Herr Webersinke, deutet sich gerade ein Ende der Niedrigzinsphase an?
In Europa sehe ich das nicht und die leichte Zinserhöhung in den USA sollte nicht überbewertet werden. Mir fehlt die Fantasie, woher ein darüberhinausgehender Anstieg kommen sollte, den weder die Entwicklung der Konjunktur noch der Inflation derzeit erfordern. Denn auch der amerikanische Staat ist hochverschuldet und höhere Zinsen würden zu einer massiven Belastung führen.
Warum reicht es nicht mehr wie früher, mit Sparbuch und Lebensversicherung Geld zurückzulegen?
Es gibt bei Bankeinlagen wie Sparbüchern einfach keine reale Rendite mehr und wird es auch so schnell nicht mehr geben. Kapitallebensversicherungen, die in erster Linie Geld ansparen, können noch immer ein solider Baustein sein, allerdings ist es wichtig, die Kosten der Finanzprodukte zu kennen. Denn je niedriger das Ertragsniveau ist, desto höher ist die relative Bedeutung der Kosten.
Was kann der normale Sparer machen?
Er braucht unbedingt ein Substanzvermögen wie Aktien und Immobilien, denn nur hier gibt es derzeit eine Perspektive für Zuwächse. Dabei gilt es, die Risiken möglichst zu streuen, also zum Beispiel nicht wegen eines guten Tipps alles auf wenige Einzelwerte zu setzen. Langfristig wird man nicht durch Arbeit wohlhabend, sondern durch die richtige Vermögensallokation. Sich hier zu informieren und professionellen Rat zu suchen, lohnt sich. Noch immer haben rund 90 Prozent der Bundesbürger keine Aktien und viele wohnen zur Miete, so ist es schwierig, auf Dauer einen Vermögenszuwachs zu erzielen.
Haben die Deutschen keinen Mut, zu investieren?
Das ist ein großes Trauerspiel. Fünf Jahre Wachstum, drei Jahre Haushaltsüberschüsse und wir haben Angst. Noch immer setzen die meisten Deutschen auf Festgeld und festverzinsliche Papiere, die fast nichts mehr bringen. Wir kaufen keine Aktien und beschweren uns dann, wenn chinesische Investoren zuschlagen. Der Erfolg der deutschen Unternehmen, die international gefragt sind, geht so an uns vorbei.