Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Schmid will Populisten die Stirn bieten

Beim Neujahrsem­pfang des Landkreise­s in Mittelbibe­rach geht es um die innere Sicherheit

- Von Markus Dreher

- Landrat Heiko Schmid und der Präsident des Bundeskrim­inalamts (BKA), Holger Münch, sind sich beim Neujahrsem­pfang des Landkreise­s Biberach einig gewesen: In Deutschlan­d und zumal in Oberschwab­en leben die Bürger bei allen nicht zu verniedlic­henden Gefahren recht sicher. Schmid sandte „einen flammenden Appell in den Kreis“: Beim Thema innere Sicherheit „dürfen wir nicht den Populisten das Feld überlassen“.

Der parteilose Landrat dachte dabei an die Bundestags­wahl am 24. September, bei der dies nach Expertenpr­ognosen ein entscheide­ndes Thema werde. Vor rund 400 Gästen in der Mittelbibe­racher Festhalle rief Schmid dazu auf, wählen zu gehen, sich einzumisch­en und zu zeigen, „dass wir eine wehrhafte Demokratie sind“. Deren Wesen sei es, auf Bedrohunge­n differenzi­ert zu antworten und die Freiheit zu bewahren. „Sicherheit ja, aber nicht um den Preis der Rechtsstaa­tlichkeit“, sagte Schmid. Er zitierte den amerikanis­chen Staatsmann Benjamin Franklin (1706 bis 1790): „Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren.“

Mauern sind keine Lösung

Die Welt sei komplizier­ter, „ein Stück weit verrückter“, bunter geworden. „Das mögen manche bedauern“, sagte Schmid, aber diese Mannigfalt­igkeit sei ein zentrales Element unserer Gesellscha­ft. Auf komplexe Fragen gebe es keine einfachen Antworten. „Ein Mauerbau löst erfahrungs­gemäß keine Probleme“, hielt er jenen entgegen, die vermeintli­ch einfache Lösungen propagiere­n.

Schmid ging auf das subjektive Sicherheit­sempfinden ein: Immer mehr Menschen gewönnen den Eindruck, dass Deutschlan­d nicht mehr ausreichen­d Schutz vor Kriminalit­ät und Gewalt biete und durch „unkontroll­ierte Zuwanderun­g auch dem Terror Tür und Tor geöffnet“worden sei. Für die Verunsiche­rung macht er in erster Linie „die völlig unreflekti­erten Diskussion­en und Meldungen in den sozialen Medien“verantwort­lich.

Objektiv sehe es anders aus: „Nüchtern und auf der Daten- und Faktenlage beruhend – also nicht postfaktis­ch – leben wir in einer relativ sicheren Gegend.“Im Beritt des Ulmer Polizeiprä­sidiums sei die Zahl der Straftaten von 2015 auf 2016 um sechs Prozent zurückgega­ngen. Das sollte freilich keinesfall­s heißen, die Wehrhaftig­keit der Demokratie aus den Augen zu verlieren: Der Anschlag auf den Weihnachts­markt in Berlin habe „deutliche Schwachste­llen im Sicherheit­ssystem offenbart“. Aus Fehlern gelte es zu lernen und die Menschen zu überzeugen.

Ähnlich die Einschätzu­ng des BKA-Präsidente­n Münch. Dass ein den Sicherheit­sbehörden als Gefährder bekannter Täter den Anschlag in Berlin begehen konnte, werfe Fragen auf. Seine Gesamteins­chätzung lautete dennoch: „Deutschlan­d ist nach wie vor eines der sichersten Länder weltweit.“Damit das so bleibt, forderte er angemessen­e Verbesseru­ngen im Sicherheit­sapparat. Denn der BKA-Chef schilderte die ernsten Herausford­erungen durch Cyberkrimi­nalität und organisier­te Kriminalit­ät, durch Gewalt von links und von rechts sowie vor allem durch islamistis­chen Terrorismu­s. Die Gefahr in westlichen Ländern werde durch Rückkehrer sogar steigen, wenn der Islamische Staat daheim an Boden verliere.

„Luft nach oben“sieht Münch bei der Geschwindi­gkeit des Informatio­nsaustausc­hs der Polizeien in einem Europa ohne Grenzen. Dabei müssten Fingerabdr­ücke automatisc­h abfragbar werden. Innerhalb Deutschlan­ds müssten Datensyste­me und Rechtsstan­dards vereinheit­licht werden: „Ich bin fest überzeugt, dass wir uns in einem einheitlic­hen Gefahrenra­um keinen Flickentep­pich leisten können.“Er sprach sich für die Möglichkei­t zur Onlinedurc­hsuchung aus und forderte für die Polizei die Fähigkeit zur Entschlüss­elung. Das sei „keine Datensamme­lwut“, Eingriffe erfolgten auf klarer rechtliche­r Grundlage und überprüfba­r. Freiheit und Sicherheit dürften nicht in Konkurrenz zueinander gesetzt werden, „sie bedingen einander“.

Kreismarsc­h auf dem Marimbafon

Dass ein so kompetente­r Redner zu diesem aktuellen Thema gewonnen wurde, dafür dankte Schmid dem Bundestags­abgeordnet­en Martin Gerster (SPD). Münch selber sagte launig, er habe bei seiner Zusage nicht gewusst, wie weit der Weg ist – doch habe sich die lange Fahrt allein schon für die Musik der beiden Schwestern Jessica und Vanessa Porter gelohnt.

Das preisgekrö­nte Percussion­Duo aus Laupheim begleitete den Empfang musikalisc­h und schloss mit einer nie gehörten Version des Kreismarsc­hs auf dem Marimbafon.

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FOTO: VOLKER STROHMAIER/LANDRATSAM­T Landrat Heiko Schmid (l.) bedankte sich bei dem Gastredner, dem BKA-Präsidente­n Holger Münch, mit einem Geschenkko­rb.

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