Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Kleider machen Priester
Woher Geistliche ihre Berufskleidung und liturgischen Geräte beziehen
- Messgewand, Hostie, Kelch – Gegenstände, die jeder Priester nahezu täglich benutzt. Als Kirchenbesucher hält man diese Dinge für selbstverständlich. Doch irgendwo müssen sie hergestellt, genäht, gebacken werden. Aber wo? Heinrich-Maria Burkard, Pfarrer im Kloster Heiligkreuztal, bringt Licht ins Dunkel.
Die Kleidung etwa, die ein Priester trägt, gehört zu den sogenannten Paramenten – den Textilien, die in der Liturgie verwendet werden. Ins Auge sticht vor allem die Kasel, das Messgewand, das über einem weißen Untergewand – der Albe – getragen wird. Früher sei man in Läden für Kirchenbedarf gegangen, um diese Kleidungsstücke zu kaufen, erklärt Burkard. Aber davon gebe es inzwischen kaum noch welche. „Es gibt viel weniger Priester“, sagt er, „und wir haben auch nicht mehr so viele Messen.“
Stattdessen kann man auf Fachhändler im Internet zurückgreifen, die alles anbieten, was ein Priester bei seiner Arbeit so braucht. Aber man kann es auch traditionell halten und Messgewänder von Klöstern beziehen. Die Franziskanerinnen des Klosters Sießen etwa fertigen in ihrer Paramenten-Werkstatt nach wie vor Gewänder, Stolen und alle Textilien, die man rund um den Altar benötigt.
Allerdings sind die Preisunterschiede gewaltig. Messgewänder aus dem Internet gibt es schon für rund 300 Euro. Eine Kasel, die von Nonnen hergestellt wurde, kann dagegen bis zu 4000 Euro kosten, weiß Burkard. Die Stoffe und Verzierungen sind dann sehr hochwertig und kunstvoll. Die Schwestern des Klosters St. Hildegardis im schweizerischen Orselina züchteten die Seidenraupen, deren Seide sie für ihre handgefertigten Messgewänder benötigen, einst sogar selbst. Um Paramente besticken zu dürfen, muss man außerdem eine dreijährige Ausbildung durchlaufen.
Pfarrer Heinrich-Maria Burkard selbst bevorzugt die in Klöstern hergestellten Gewänder – vor allem die von französischen Karmeliterinnen. „Ich möchte sie unterstützen, weil sie davon leben“, erklärt er. „Große Kataloge mag ich nicht.“Messgewänder und Stolen gibt es in den liturgischen Farben (siehe Kasten) zu kaufen. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Kleidungsstück gemustert ist – es muss nur eindeutig der entsprechenden Farbe zugeordnet werden können. Die Auswahl ist riesig, und es gibt auch Messen, auf denen die neuesten Modelle vorgestellt werden. „Das ist fast wie eine Mode“, stellt Burkard fest.
Der Heiligkreuztaler Pfarrer besitzt auch eine etwas exotischere Kasel, die er beim Besuch einer Gehörlosenstation in Tansania von einer Schwester geschenkt bekommen hat. „Die trage ich beim Gottesdienst am Weltmissionssonntag“, erzählt er. „Und ich muss das dann auch erklären, sonst würden die Leute etwas komisch schauen.“
Geschenke zur Primiz
Für die eigene Ausstattung muss jeder Priester selbst aufkommen. Neben der liturgischen Kleidung gehören dazu auch liturgische Geräte wie Kelche und Hostienschalen. Manches davon bekommen die Priester zur Feier ihrer Primiz geschenkt – so auch Burkard. „Von meinem Papa habe ich eine Schale bekommen und von meinem Opa einen Kelch.“Beides hat er selbst entworfen und in einer sakralen Goldschmiede in Schwäbisch Gmünd aus Silber und Gold anfertigen lassen. Benutzt werden Schale und Kelch nach wie vor. „So etwas hat man ein Leben lang“, betont er.
Ähnlich wie bei den Gewändern ist auch Hostie nicht gleich Hostie und Messwein nicht gleich Messwein. Burkard bezieht seine Hostien von der vereidigten Hostienbäckerei Klumpp aus Ochsenhausen. Vereidigt bedeutet, dass der Hersteller eine eidesstattliche Erklärung abgeben muss, die kirchlichen Vorschriften bei der Produktion einzuhalten. In eine ordentliche Hostie darf demnach nur Weizenmehl und Brot.
Burkard bevorzugt weiße Hostien, die dünner und feiner als die braunen Brothostien sind. „Ich habe auch Gemeindemitglieder, die zur Mundkommunion kommen, und da sind die einfach praktischer“, erklärt er. Der Grund: Sie bleiben an der Zunge besser haften als Brothostien.
Mittlerweile gibt es auch glutenfreie Hostien für Menschen, die an einer Allergie oder Unverträglichkeit leiden. Sagt man Pfarrer Burkard vor dem Gottesdienst Bescheid, legt er eine Pyxis – ein Gefäß für Hostien – mit der glutenfreien Variante in die Schale mit den übrigen Oblaten.
Bis vor einem Jahr durfte auch der Messwein nur von vereidigten Produzenten geliefert werden. Inzwischen sind die Priester frei in der Wahl des Händlers. Aber weiß muss er sein, der Wein – und sortenrein.
Diese Regel stammt aus der Zeit des Mittelalters, als bei der Messe auch noch Rotwein ausgeschenkt wurde. Manche Gläubige behaupteten, dass sich der Wein zu Blut verwandelt hätte. „Um dieser Wundergläubigkeit vorzubeugen, durfte dann nur noch Weißwein verwendet werden“, sagt Burkard. Und auch hier hat er eine Vorliebe: schwere, süße Weine aus Spanien.
Liturgie hat für den Heiligkreuztaler Pfarrer mit Kunst und Ästhetik zu tun. Aber natürlich legten nicht alle Geistlichen im gleichen Maße Wert darauf. Kleidung und Ausstattung sind Geschmackssache, wie im normalen Leben auch. Burkard erklärt jedoch: „Liturgie ist auch Spiel, und ich mag Spiel. Aber es darf nicht zum Selbstzweck werden.“