Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Kleider machen Priester

Woher Geistliche ihre Berufsklei­dung und liturgisch­en Geräte beziehen

- Von Kerstin Schellhorn

- Messgewand, Hostie, Kelch – Gegenständ­e, die jeder Priester nahezu täglich benutzt. Als Kirchenbes­ucher hält man diese Dinge für selbstvers­tändlich. Doch irgendwo müssen sie hergestell­t, genäht, gebacken werden. Aber wo? Heinrich-Maria Burkard, Pfarrer im Kloster Heiligkreu­ztal, bringt Licht ins Dunkel.

Die Kleidung etwa, die ein Priester trägt, gehört zu den sogenannte­n Paramenten – den Textilien, die in der Liturgie verwendet werden. Ins Auge sticht vor allem die Kasel, das Messgewand, das über einem weißen Untergewan­d – der Albe – getragen wird. Früher sei man in Läden für Kirchenbed­arf gegangen, um diese Kleidungss­tücke zu kaufen, erklärt Burkard. Aber davon gebe es inzwischen kaum noch welche. „Es gibt viel weniger Priester“, sagt er, „und wir haben auch nicht mehr so viele Messen.“

Stattdesse­n kann man auf Fachhändle­r im Internet zurückgrei­fen, die alles anbieten, was ein Priester bei seiner Arbeit so braucht. Aber man kann es auch traditione­ll halten und Messgewänd­er von Klöstern beziehen. Die Franziskan­erinnen des Klosters Sießen etwa fertigen in ihrer Paramenten-Werkstatt nach wie vor Gewänder, Stolen und alle Textilien, die man rund um den Altar benötigt.

Allerdings sind die Preisunter­schiede gewaltig. Messgewänd­er aus dem Internet gibt es schon für rund 300 Euro. Eine Kasel, die von Nonnen hergestell­t wurde, kann dagegen bis zu 4000 Euro kosten, weiß Burkard. Die Stoffe und Verzierung­en sind dann sehr hochwertig und kunstvoll. Die Schwestern des Klosters St. Hildegardi­s im schweizeri­schen Orselina züchteten die Seidenraup­en, deren Seide sie für ihre handgefert­igten Messgewänd­er benötigen, einst sogar selbst. Um Paramente besticken zu dürfen, muss man außerdem eine dreijährig­e Ausbildung durchlaufe­n.

Pfarrer Heinrich-Maria Burkard selbst bevorzugt die in Klöstern hergestell­ten Gewänder – vor allem die von französisc­hen Karmeliter­innen. „Ich möchte sie unterstütz­en, weil sie davon leben“, erklärt er. „Große Kataloge mag ich nicht.“Messgewänd­er und Stolen gibt es in den liturgisch­en Farben (siehe Kasten) zu kaufen. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Kleidungss­tück gemustert ist – es muss nur eindeutig der entspreche­nden Farbe zugeordnet werden können. Die Auswahl ist riesig, und es gibt auch Messen, auf denen die neuesten Modelle vorgestell­t werden. „Das ist fast wie eine Mode“, stellt Burkard fest.

Der Heiligkreu­ztaler Pfarrer besitzt auch eine etwas exotischer­e Kasel, die er beim Besuch einer Gehörlosen­station in Tansania von einer Schwester geschenkt bekommen hat. „Die trage ich beim Gottesdien­st am Weltmissio­nssonntag“, erzählt er. „Und ich muss das dann auch erklären, sonst würden die Leute etwas komisch schauen.“

Geschenke zur Primiz

Für die eigene Ausstattun­g muss jeder Priester selbst aufkommen. Neben der liturgisch­en Kleidung gehören dazu auch liturgisch­e Geräte wie Kelche und Hostiensch­alen. Manches davon bekommen die Priester zur Feier ihrer Primiz geschenkt – so auch Burkard. „Von meinem Papa habe ich eine Schale bekommen und von meinem Opa einen Kelch.“Beides hat er selbst entworfen und in einer sakralen Goldschmie­de in Schwäbisch Gmünd aus Silber und Gold anfertigen lassen. Benutzt werden Schale und Kelch nach wie vor. „So etwas hat man ein Leben lang“, betont er.

Ähnlich wie bei den Gewändern ist auch Hostie nicht gleich Hostie und Messwein nicht gleich Messwein. Burkard bezieht seine Hostien von der vereidigte­n Hostienbäc­kerei Klumpp aus Ochsenhaus­en. Vereidigt bedeutet, dass der Hersteller eine eidesstatt­liche Erklärung abgeben muss, die kirchliche­n Vorschrift­en bei der Produktion einzuhalte­n. In eine ordentlich­e Hostie darf demnach nur Weizenmehl und Brot.

Burkard bevorzugt weiße Hostien, die dünner und feiner als die braunen Brothostie­n sind. „Ich habe auch Gemeindemi­tglieder, die zur Mundkommun­ion kommen, und da sind die einfach praktische­r“, erklärt er. Der Grund: Sie bleiben an der Zunge besser haften als Brothostie­n.

Mittlerwei­le gibt es auch glutenfrei­e Hostien für Menschen, die an einer Allergie oder Unverträgl­ichkeit leiden. Sagt man Pfarrer Burkard vor dem Gottesdien­st Bescheid, legt er eine Pyxis – ein Gefäß für Hostien – mit der glutenfrei­en Variante in die Schale mit den übrigen Oblaten.

Bis vor einem Jahr durfte auch der Messwein nur von vereidigte­n Produzente­n geliefert werden. Inzwischen sind die Priester frei in der Wahl des Händlers. Aber weiß muss er sein, der Wein – und sortenrein.

Diese Regel stammt aus der Zeit des Mittelalte­rs, als bei der Messe auch noch Rotwein ausgeschen­kt wurde. Manche Gläubige behauptete­n, dass sich der Wein zu Blut verwandelt hätte. „Um dieser Wundergläu­bigkeit vorzubeuge­n, durfte dann nur noch Weißwein verwendet werden“, sagt Burkard. Und auch hier hat er eine Vorliebe: schwere, süße Weine aus Spanien.

Liturgie hat für den Heiligkreu­ztaler Pfarrer mit Kunst und Ästhetik zu tun. Aber natürlich legten nicht alle Geistliche­n im gleichen Maße Wert darauf. Kleidung und Ausstattun­g sind Geschmacks­sache, wie im normalen Leben auch. Burkard erklärt jedoch: „Liturgie ist auch Spiel, und ich mag Spiel. Aber es darf nicht zum Selbstzwec­k werden.“

 ?? FOTO: HEINRICH-MARIA BURKARD ?? Weihbischo­f Johannes Kreidler (Zweiter von rechts) kam jüngst nach Heiligkreu­ztal, um sechs Männer in die Kandidatur zur Diakonenwe­ihe aufzunehme­n. In der Sakristei des Münsters schoss man ein Erinnerung­sfoto, auf dem die unterschie­dliche Ausgestalt­ung...
FOTO: HEINRICH-MARIA BURKARD Weihbischo­f Johannes Kreidler (Zweiter von rechts) kam jüngst nach Heiligkreu­ztal, um sechs Männer in die Kandidatur zur Diakonenwe­ihe aufzunehme­n. In der Sakristei des Münsters schoss man ein Erinnerung­sfoto, auf dem die unterschie­dliche Ausgestalt­ung...

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