Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Ärger für den Möchtegern-Amerikaner
Schlag von Modeste bei Kölns 6:1-Sieg hat Nachspiel – Frings attackiert eigenen Spieler
(dpa) - Nach der Torgala und dem 6:1 Sieg des 1. FC Köln gegen den SV Darmstadt 98 hätten, zumindest beim FC, alle zufrieden sein und die Torgala feiern können. Stattdessen musste sich Trainer Peter Stöger unangenehmen Fragen zu einer Szene aus der 38. Minute stellen. Torjäger Anthony Modeste hatte Darmstadts Kapitän Sulu bei einem Laufduell mit der Faust im Gesicht getroffen. Die Gastgeber forderten eine Rote Karte, der Schiedsrichter hatte aber nichts gesehen und ließ weiterspielen. Vier Minuten später schoss Modeste sein 14. Saisontor und wurde als Vorsichtsmaßnahme kurz nach der Halbzeit ausgewechselt. Jetzt droht dem 28-Jährigen eine nachträgliche Sperre. Am Sonntag schaltete sich der Deutsche FußballBund (DFB) ein. „Der DFB-Kontrollausschuss wird Anfang der Woche prüfen, ob ein Ermittlungsverfahren gegen den Spieler Modeste eingeleitet wird oder nicht“, sagte der Kontrollausschuss-Vorsitzende Anton Nachreiner. Das ist möglich, weil Schiedsrichter Robert Kampka die Szene nicht bemerkt hatte, die TVKameras Modeste aber überführten. Darmstadts Trainer Torsten Frings sagte, in Einklang mit den Bildern: „Für mich eine ganz klare Rote Karte. Das war kein Losreißen, sondern ein rechter Schwinger.“
Und die Kölner? Die meisten von ihnen antworteten auf die Frage, ob ihr bester Spieler hätte vom Platz gestellt werden müssen, mit einem „Ja, aber ...!“„Das sieht schon sehr merkwürdig aus. Das ist nicht gut“, sagte Sportchef Jörg Schmadtke. „Aber Anthony hat hier auch viel über sich ergehen lassen müssen.“Was genau, erklärte Verteidiger Dominique Heintz: „Darmstadt wollte, dass Toni vom Platz fliegt. Sie haben ihn ständig provoziert.“Die knackigste – und gleichzeitig unpassendste Verteidigungsrede auf Modeste hielt sein Kollege Marco Höger: „Das ist kein Ballett, was wir hier spielen.“
Am Ende waren alle froh, dass die umstrittene Szene wenigstens nicht spielentscheidend war. „Der Schiedsrichter hat keine Schuld, dass wir verloren haben“, sagte Frings. „Das darf keine Ausrede für uns sein.“
Tatsächlich war es ein Spiel zum Vergessen für seine Darmstädter, die mehr denn je akut abstiegsgefährdet sind. Als nach dem ernüchternden Auftritt das Thema Florian Jungwirth zur Sprache kam, brach es aus dem Trainer-Novizen heraus. Dabei hatte der Defensivspieler keine direkte Schuld an der Niederlage, er stand nicht mal im Kader. Jungwirth gilt als wechselwillig, möchte in die USA. „Wir haben ihm versprochen: Wir suchen eine Alternative für ihn. Wenn etwas da ist, können wir über seinen Wechsel reden. Wenn nichts da ist, muss er sich weiter für uns den Arsch aufreißen. Und wenn er das nicht macht, dann sitzt er sechs Monate auf der Tribüne“, sagte Frings. „Wir können uns ja nicht noch schlechter machen, als wir ohnehin schon sind, nur damit sich einer seinen Traum erfüllen kann.“
Der Vorwurf seines Trainers: Jungwirth, der am Freitag 28 Jahre alt wurde und eigentlich gesetzt ist bei den Hessen, habe in der vergangenen Woche so trainiert, als wolle er den Transfer forcieren – es haperte offensichtlich es an der richtigen Einstellung. „Ich lasse mich hier von keinem Spieler unter Druck setzen“, schimpfte Frings. Gerade die rechte Abwehrseite, auf der Jungwirth meist zum Einsatz kommt, zeigte sich bei Darmstadt anfällig. Am Sonntag fährt Darmstadt nun zum Hessen-Derby nach Frankfurt – und hofft weiter.
Für die Kölner geht nach dem kampfbetonten Heimspiel am selben Tag nach Freiburg.