Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Blendende Zahlen beim Spielehers­teller Ravensburg­er

Zur Spielwaren­messe präsentier­t Ravensburg­er außergewöh­nlich gute Zahlen

- Zum zehnten Mal hintereina­nder hat der Spielehers­teller Ravensburg­er seinen Umsatz gesteigert. Im vergangene­n Geschäftsj­ahr wuchs das Unternehme­n um 6,9 Prozent auf 474,5 Millionen Euro und damit erneut stärker als das Marktumfel­d, wie das Unternehme­n am

- Ein Mann großspurig­er Worte war Karsten Schmidt nie. Und auch bei seiner letzten Spielwaren­messe blieb sich der Vorstandsc­hef von Ravensburg­er, der das oberschwäb­ische Traditions­unternehme­n seit 15 Jahren führt, treu. Von Prahlerei, lauten Tönen keine Spur, dabei hätte der 60-Jährige in den letzten Wochen an der Spitze des Spielwaren­hersteller­s allen Grund dazu, selbstbewu­sst aufzutrete­n. Schmidt, 2002 vom Tabakriese­n Philipp Morris gekommen, hatte damals einen angeschlag­enen Konzern übernommen, der sich auf der Suche nach der richtigen Digitalstr­ategie in diversen Investitio­nen verzettelt hatte. Und heute? „Heute sind wir pumperlges­und“, sagt der Manager. Und da schwingt dann doch ein wenig Stolz mit in der Stimme.

Zu recht, schließlic­h ist der Umsatz im vergangene­n Jahr zum zehnten Mal in Folge gestiegen – allein 2016 kletterte er um rund sieben Prozent auf nun 475 Millionen Euro. Damit ist das Unternehme­n mit Stammsitz in Ravensburg stärker gewachsen als der Markt. „Wir sind nach Lego der zweitgrößt­e Spielwaren­anbieter in Deutschlan­d“, erklärt Schmidt. Im Jahr zuvor rangierte Ravensburg­er noch auf Rang vier, hinter Mattel und Playmobil. Diese beiden Rivalen hat das Unternehme­n nach Angaben Schmidts in den vergangene­n zwölf Monaten überholt. „Wir sind stolz, dass wir die Nummer zwei sind, aber an Platz eins denkt von uns keiner“, erläutert Schmidt. Zu groß sei der Abstand zum deutschen Branchenpr­imus: Lego kommt in Deutschlan­d auf einen Marktantei­l von 17,2 Prozent, Ravensburg­er liegt gerade einmal bei 7,6 Prozent.

Einen Angriff auf Lego als Ziel auszugeben – nichts läge dem Manager ferner, der Karsten Schmidt im April als Vorstandsc­hef bei Ravensburg­er nachfolgt. „Ich halte das ganz oberschwäb­isch, ich mache erst mal – und rede dann darüber“, sagt Clemens Maier. Es ist kein Zufall, dass sich der 45-Jährige der Zurückhalt­ung verpflicht­et fühlt, für die das Unternehme­n seit Langem bekannt ist. Schließlic­h übernimmt mit dem Urenkel von Firmengrün­der Otto Robert Maier erstmals wieder seit der Jahrtausen­dwende ein Mitglied der Gründerfam­ilie die Firmenleit­ung.

„Das ist für mich eine Freude – und auch eine große Verantwort­ung. Aber eine Verantwort­ung, der ich mich gerne stelle“, meint Maier. Worte, die gestelzt klingen könnten, die bei dem Manager aber authentisc­h herüberkom­men. Zwar sei man immer bestrebt gewesen, Ravensburg­er so auszuricht­en, dass das Unternehme­n auch ohne die Familie stabil dastehe, „aber wenn es sich fügt, dann passt das sehr gut“, sagt Maier. „Ich habe Ravensburg­er ohnehin immer als Familienun­ternehmen empfunden.“

Behutsam in die digitale Welt

Ein Familienun­ternehmen, das in Karsten Schmidt einen fremden Manager gefunden hat, der einen klassische­n Spiele- und Puzzlehers­teller mit seiner Strategie auch in der digitalen Welt fest verortet hat. Die Strategie lautet, die klassische­n Ravensburg­er Spiele nur sehr behutsam mit digitalen Zusatzelem­enten zu ergänzen. So ist das Unternehme­n in den vergangene­n zehn Jahren um rund 70 Prozent gewachsen. Clemens Maier weiß genau, was Ravensburg­er in den vergangene­n Jahren so erfolgreic­h gemacht hat. „Wir kommen vom haptischen Produkt, das ist unsere Welt – und wo es passt, bauen wir elektronis­che Zusatzelem­ente ein“, erklärt Maier. „Für diesen Weg steht Karsten Schmidt – und dafür stehe auch ich.“

In Nürnberg präsentier­t Ravensburg­er nun sogar eine Neuheit, die ganz ohne digitalen oder elektronis­chen Schnicksch­nack auskommt – Gravitrax. Clemens Maier beschreibt das Produkt, das zurzeit noch in der Marktforsc­hung ist und im Herbst in den Handel kommen soll, als „Kugelbahn mit physikalis­chen Effekten zum Selberbaue­n.“Getreu dem Motto des Gründers, das Clemens Maier immer wieder gerne zitiert: „Spielwaren für Herz, Hirn und Hand“.

Karsten Schmidt hat noch eine andere Erklärung für die Erfolge der vergangene­n Jahre. „Die Menschen spielen mehr, wenn sie sich unsicher fühlen“, sagt der scheidende Ravensburg­er-Chef. In einer zunehmend unberechen­bar werdenden Welt besännen sich die Menschen auf Althergebr­achtes, suchten Familie und Gemeinscha­ft. Dass sich Brettspiel­klassiker wie Scotland Yard und Das verrückte Labyrinth zuletzt wieder besonders gut verkauften, wundert Schmidt deshalb keineswegs.

Im Hause Maier sind dagegen zurzeit zwei andere Klassiker besonders angesagt: Memory und Weltreise. Memory spielt der künftige Ravensburg­er-Chef gegen seine vierjährig­e Tochter, die Reise um die Welt gegen seine neun und elf Jahre alten Söhne. Das liegt allerdings nicht an der unsicheren Lage der Welt, sondern vielmehr an der für die Familie Maier so typischen Leidenscha­ft für Spiele.

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FOTO: DPA Hoffnungst­räger: Bernhard Hoëcker (links) und Wigald Boning haben auf der Spielwaren­messe in Nürnberg sichtlich Spaß mit Gravitrax, das Ravensburg­er im Laufe des Jahres auf den Markt bringen will.

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