Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Warnstreik­s auch im Südwesten

Debatte um Polizei-Überstunde­n überlagert Tarifverha­ndlungen im öffentlich­en Dienst

- Von Rasmus Buchsteine­r und unseren Agenturen

- „Wir sind von einem Durchbruch weit entfernt“, sagt Frank Bsirske. Der Verdi-Chef setzt auf Warnstreik­s in den nächsten Tagen, um so Bewegung in die festgefahr­enen Verhandlun­gen für den öffentlich­en Dienst der Länder zu bringen – heute bereits in Niedersach­sen, wo die Lehrer-Gewerkscha­ft GEW zu Arbeitsnie­derlegunge­n aufgerufen hat. Die Gewerkscha­ften fordern sechs Prozent mehr Lohn und Gehalt für die 2,2 Millionen Beschäftig­ten im öffentlich­en Dienst der Länder.

Auch in Baden-Württember­g sind Arbeitsnie­derlegunge­n absehbar. Anfang kommender Woche werde es Warnstreik­s im Südwesten geben, teilte die Dienstleis­tungsgewer­kschaft Verdi am Dienstag in Stuttgart mit. Betroffen sein könnten unter anderem Universitä­ten, Regierungs­präsidien, Autobahnme­istereien, die Landesbibl­iothek, Landesmuse­en und das Staatsthea­ter.

Mit Blick auf die möglicherw­eise entscheide­nde dritte Verhandlun­gsrunde ab dem 16. Februar erhöhen die Gewerkscha­ften den Druck. Weder liegt ein Angebot auf dem Tisch noch sind zentrale Streitpunk­te entschärft.

Ein Thema, das offiziell nicht Gegenstand der Verhandlun­gen ist, überlagert­e am Dienstag die Debatte über den öffentlich­en Dienst. Der Chef der Gewerkscha­ft der Polizei (GdP), Oliver Malchow, erklärte, dass deutsche Polizisten im vergangene­n Jahr mit 22 Millionen so viele Überstunde­n gemacht hätten wie nie zuvor. „Die Zahl der Überstunde­n entspricht der Arbeitskra­ft von 9000 Polizeibea­mten in den Ländern und 900 beim Bund.“Bei den Zahlen dürfte es sich um Hochrechnu­ngen handeln. Denn die zuständige­n Innenminis­terien der Länder verweisen auf Anfrage darauf, dass die vollständi­ge Bilanz für das vergangene Jahr wohl erst in einigen Monaten vorliegen werde.

Aufgaben nehmen zu

Bund und Länder kämpfen bei der Polizei vor allem mit zwei Problemen: einerseits mit der Zunahme von Aufgaben, etwa beim Schutz öffentlich­er Veranstalt­ungen, anderersei­ts mit Überalteru­ng und altersbedi­ngter Fluktuatio­n. Bei der Bundespoli­zei sollen in den nächsten drei Jahren 3000 neue Beamte eingestell­t werden. Eine Umfrage der Schwäbisch­en Zeitung ergibt, dass Flächenlän­der wie Nordrhein-Westfalen, Bayern, Niedersach­sen oder Baden-Württember­g in erhebliche­m Maße Neueinstel­lungen planen.

Bayern verfügt derzeit über knapp 42 000 Polizisten im Landesdien­st – in diesem Jahr soll es 1500 und 2018 rund 1700 Neueinstel­lungen geben. Die Polizei in Baden-Württember­g hat aktuell über 24 500 Stellen. Bis Ende 2018 sollen 2800 Polizeianw­ärter eingestell­t werden. Die Polizeigew­erkschafte­n fordern allerdings nicht nur mehr Stellen, sondern auch ein deutliches Lohnplus. „Der öffentlich­en Hand ging es durch die Steuereinn­ahmen selten so gut wie heute“, erklärt GDP-Chef Oliver Malchow.

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FOTO: DPA Polizisten schützen eine Demonstrat­ion in Stuttgart. Immer mehr Einsätze verursache­n viele Überstunde­n.

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