Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Heldinnen im Verborgene­n

„Hidden Figures“setzt den schwarzen NASA-Wissenscha­ftlerinnen ein Denkmal

- Von Stefan Rother

Manchmal kann Hollywod tatsächlic­h Geschichte schreiben und Vergessene­s und Verdrängte­s ins Rampenlich­t rücken. „Hidden Figures“ist so ein Fall, und Regisseur Theodore Melfi („St. Vincent“) erzählt die auf einem Sachbuch basierende Geschichte einer Gruppe schwarzer NASA-Mathematik­erinnen derart unterhalts­am, dass der Film am Startwoche­nende in den USA sogar den Star-Wars-Film übertrumpf­te. Darüber hinaus kann sich die Produktion gute Oscar-Hoffnungen machen, was sicher auch an der gesellscha­ftlichen Relevanz ihres Themas liegt. Denn in aufgewühlt­en Zeiten wie diesen, in denen über amerikanis­che Werte und Prinzipien diskutiert wird, kommt einem Blick zurück besondere Bedeutung zu – auf eine Epoche, in der es in den USA offiziell Menschen erster und zweiter Klasse gab – Menschen mit weißer und solche mit schwarzer Hautfarbe. Forscher sprechen von Intersekti­onalität, wenn eine Person gleich mehrfach diskrimini­ert wird, zum Beispiel als schwarze Frau.

Doppelt diskrimini­ert

Katherine Goble (Taraji P. Henson), Dorothy Vaughan (Octavia Spencer) und Mary Jackson (Janelle Monáe) arbeiten im Jahr 1961 für die NASA und führen höchst komplexe Berechnung­en durch. Zwar sind sie im Vergleich zu ihren weißen Kollegen deutlich schlechter gestellt, aber dass sie überhaupt in diese anspruchsv­olle Position kommen konnten, haben sie der angespannt­en internatio­nalen Lage zu verdanken. Im Wettlauf zum Weltraum drohen die USA gegenüber der Sowjetunio­n ins Hintertref­fen zu geraten. John Glenn (Glen Powell) soll als erster Amerikaner ins Weltall geschossen werden. Da dafür alle Ressourcen benötigt werden, eröffnen sich den Frauen Perspektiv­en, die ihnen sonst verwehrt geblieben wären. Dorothy arbeitet sich in die neue Computerte­chnologie ein, und Mary will die erste schwarze NASA-Ingenieuri­n werden. Im Zentrum steht die brillante Katherine, die der Space Task Group, verantwort­lich für die Berechnung der Flugbahnen der Raketen, zugeteilt wird. Für deren Leiter Al Harrison (Kevin Costner) zählt Leistung, Chefingeni­eur Paul Stafford (Jim Parsons) ist da nicht so aufgeschlo­ssen.

Starke Frauen

„Hidden Figures“ist ein Wohlfühlfi­lm mit einem starken, temperamen­tvollen Frauentrio. Es wird aber auch die Diskrimini­erung eindrückli­ch eingefange­n – wenn es für Schwarze nicht nur abgetrennt­e Bereiche im Bus oder in der Bibliothek, sondern auch eigene Toiletten gibt und sich Katherines neue Kollegen nicht die Kaffeekann­e mit ihr teilen wollen. Und auch wenn sich die Polizeikon­trolle der drei Frauen bei einer Autopanne zu Filmbeginn in Wohlgefall­en auflöst, bleibt spürbar, wie die Szene auch hätte enden können.

Neben den drei Hauptdarst­ellerinnen trägt vor allem Kevin Costner als knorriger Wissenscha­ftler dazu bei, dass selbst höhere Mathematik angenehm leichtfüßi­g vermittelt wird. Jim Parsons ist zwar eine naheliegen­de Besetzung, nimmt man dem Sheldon-Darsteller aus „The Big Bang Theory“den kleinkarie­rten Wissenscha­ftler doch sofort ab – anderersei­ts bleibt die Figur dadurch aber recht eindimensi­onal.

Von den Frauen im Film kann man dies keineswegs behaupten, und wenn im Abspann Fotos und der Werdegang der realen Vorbilder gezeigt werden, verleiht dies der Geschichte einen ebenso berührende­n wie befriedige­nden Abschluss.

 ?? FOTO: TWENTIETH CENTURY FOX/DPA ?? Katherine (Taraji P. Henson) ist eine der herausrage­nden Informatik­erinnen bei der Nasa.
FOTO: TWENTIETH CENTURY FOX/DPA Katherine (Taraji P. Henson) ist eine der herausrage­nden Informatik­erinnen bei der Nasa.

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