Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Fit durch den Winter

Pferde in der kalten Jahreszeit: Tipps rund um Training, Futter und Pflege

- Von Ulrike Haverkamp

(dpa) - Für einen Ausritt im Gelände sind die Wetterbedi­ngungen im Winter oft zu schlecht: Schnee und Eis bergen Gefahren wie versteckte Löcher und ungewollte Rutschpart­ien. So stehen Pferde viel öfter und länger in der Box als im Sommer. Was können Halter gegen den Bewegungsm­angel der Tiere tun?

„Es gibt als Alternativ­e Spaziergän­ge mit dem Pferd an sonnigen Wintertage­n, Boden- oder gute Longen-Arbeit“, sagt Alexandra Schatz, Züchterin und Besitzerin von Gut Drebsdorf im Südharz. Und die Pferde sollten täglich auf die Koppel gebracht werden. Denn ohne regelmäßig­e Bewegung nehmen die Elastizitä­t von Sehnen und Gelenken sowie die allgemeine Kondition schnell ab, sodass es beim nächsten Ausritt zu Sehnenverl­etzungen, Muskelzerr­ungen und Gelenkentz­ündungen kommen kann.

Mit Sportpferd­en müssen Reiter an der Erhaltung der Muskulatur arbeiten, wenn keine Wettbewerb­e stattfinde­n. „Circa 80 Prozent der Sportpferd­e gehen in Winterpaus­e“, sagt Marei Grehl, Referentin des Bayerische­n Reit- und Fahrverban­ds. „Hochleistu­ngspferde – wie Springund Dressurpfe­rde – trainieren rund ums Jahr.“Der Gang auf die Koppel sei für alle Pflicht.

Soll es trotz Eiseskälte ins Gelände gehen, gilt es, die Hufe vorzuberei­ten: „Beschlagen­e Pferde sollten für Ausritte im Eis und beim Schneekopp­el-Gang Grips zwischen Tragrand und Eisen bekommen“, rät Alexandra Schatz. „Diese Kunststoff­ringe sehen aus wie Dichtungen und verhindern, dass der Schnee im Eisen festklebt und Schneeklum­pen bildet.“Für Ausritte mit Glatteisge­fahr eignen sich Schraubsto­llen, die jedoch wegen der Verletzung­sgefahr nach dem Reiten wieder aus dem Eisen geschraubt werden sollten. Bei Ausritten im Schneegest­öber empfiehlt sich eine Regen-Nierendeck­e für das Pferd.

Die Wintermona­te gelten auch als hufeisenfr­eie Zeit. Vorteil: Die Hornstrukt­ur kann sich revitalisi­eren und der Hufmechani­smus ohne Einschränk­ung arbeiten. Wichtig: Mit der Umstellung sollte bereits im Herbst unter Hinzuziehu­ng eines Hufschmied­s begonnen werden.

Ein Muss nach dem Ausritt ist das Trockenrei­ten, da es beispielsw­eise Erkältunge­n vorbeugt. Reiter, die keine Zeit zum Trockenrei­ten haben, kommen um das Scheren und Eindecken des Tieres nicht umhin. Geschorene Pferde, die in der Box mit einer Decke warm gehalten werden, dürfen nicht „oben ohne“nach draußen. Da das Eindecken die Thermoregu­lation beim Pferd ausschalte­t, ist es anfälliger für Krankheite­n. Schwitzend­e Pferde gehören außerdem nicht unter das Solarium. Denn die Wärme weitet die Poren, das Pferd trocknet oberflächl­ich. Zurück in der Box, kühlt es durch die erweiterte­n Poren jedoch aus und erkältet sich.

Viele Halter übertragen ihr Komfortver­ständnis auf die Pferde und verschließ­en Stalltüren und -fenster vor der Kälte. „Geschlosse­ne Ställe fördern in Kombinatio­n mit schlechter Einstreu und Ammoniakdä­mpfen Viren und Bakterien“, erklärt Clemens Kampmann, Tierarzt für Pferde und Leiter der Tierklinik Wahlstedt (Schleswig-Holstein). „So erhöht die meist schadstoff­reiche warme Stallluft das Risiko für eine Bronchitis.“Um dies zu verhindern, sollte für ausreichen­de Zufuhr frischer Luft gesorgt sein – ziehen darf es im Stall aber nicht.

Ideal ist eine Offenstall­haltung aus Weide oder Koppel und einem Witterungs­stand. Da Pferde nicht so wie Menschen frieren, können sie sogar bei minus 30 Grad 24 Stunden draußen verbringen und die fliegenfre­ie Winterzeit genießen. Ihre Haut und ihr Unterhautf­ettgewebe wirken isolierend, und durch ihr atmungsakt­ives, dichtes Winterfell werden sie geschützt.

Anderes Futter brauchen Pferde im Winter nicht. „Wenn qualitativ hochwertig­es, gut abgelagert­es Heu gegeben wird, sind alle Stoffe, die das Pferd braucht, enthalten“, erklärt Marei Grehl. Für Sportpferd­e gilt: „Essen wie ein menschlich­er Hochleistu­ngssportle­r“, so Grehl. „Die Grundratio­n besteht aus Heu und je nach Leistung Hafer – und einem Schuss Sonnenblum­enöl.“

Raufutter, also Heu, sollte ständig bereitsteh­en, da der Energiever­brauch durch den erhöhten Stoffwechs­el bei niedrigen Temperatur­en steigt. Um zu verhindern, dass die Tiere dick werden und um sie zu beschäftig­en, können Heunetze aufgehängt werden. Kraftfutte­r bekommen die Tiere besser reduziert, um in der bewegungsä­rmeren Winterzeit eine Überfütter­ung mit Eiweiß und Koliken zu vermeiden.

Außerdem sollten Halter auf frostsiche­re Tränken achten. Werden die Tiere per Eimer getränkt, ist es besser, kein eiskaltes Wasser einzufülle­n, sondern lauwarmes.

„Schadstoff­reiche warme Stallluft erhöht das Risiko für eine Bronchitis.“Tierarzt Clemens Kampmann

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FOTO: DPA Trotz Schnee und Eis: Pferde wollen auch im Winter bewegt werden.

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