Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Zur Fasnetsmusik geht der Puls in die Höhe
Elke Johannsen aus Ehingen war schon als Kind bei den Wilden Weibern in Ehingen dabei
- Die Ehingerin Elke Johannsen hat die Hexen-Maske schon in die Wiege gelegt bekommen: Ihre Mutter war eine der ersten Frauen, die 1956 der jungen Gruppe der Wilden Weiber innerhalb der Narrenzunft Spritzenmuck beitraten. Mit ganzem Herzen ist die 52-Jährige heute selbst Jahr für Jahr dabei. Zu Umzügen, Bällen und Co. kommen zahlreiche Termine in Kindergärten, Schulen und Seniorenheimen, bei denen die Hexen das Brauchtum am Leben halten.
1955 haben neun Männer in Ehingen die Gruppe der Wilden Weiber, die auch als Ehinger Hexen bekannt ist, gegründet. Erst im zweiten Jahr durften auch Frauen dazustoßen, erzählt Elke Johannsen. Aus diesen Anfangsjahren hat sie zahlreiche Bilder, auch welche, die rund zehn Jahre später sie selbst im Hexenhäs als kleines Mädchen im Kinderwagen zeigen. Ihr Vater sei bei den Bütteln gewesen, deswegen sei auch ihr Bruder zu den Bütteln gegangen. „Als Kindergartenkind oder später in der Schule war es einfach unvorstellbar, während der Fasnet mal nicht das Häs anziehen zu dürfen“, sagt sie. Sobald sie die Musik hört, gehe der Puls rauf und sie bekomme Gänsehaut, sagt sie lachend. Drei Generationen Masken liegen auf dem Esszimmertisch der Familie: die der Mutter, ihre eigene und die von Sohn Nik, der ebenfalls schon als Kind bei den Hexen dabei war, obwohl sein Vater bei den Kügele ist. Alle Masken haben ein leichtes Lächeln im Gesicht. Denn die Figur symbolisiert nichts Böses, sondern die Figur der Katharina Schunter (siehe Infokasten). Jede Maske ist anders, damit die Hexen sich untereinander erkennen. Während der Fasnet, sagt Elke Johannsen, gebe es einfach keine Standesunterschiede mehr zwischen den Leuten. Da feiere der Bauarbeiter genauso wie der Bankdirektor – auch das macht für sie den Reiz dieser Zeit aus. „Normalerweise würde ich eher nicht mit meinem Sohn zusammen ins Bistro gehen und an der Bar stehen. In der Fasnet machen wir das“, ergänzt sie. Doch auch außerhalb der närrischen Zeit ist die Gruppe aktiv. Dann finden ein Stadlfest, eine Hexenwanderung oder auch ein Ausflug statt. Doch auch zahlreiche Arbeiten warten auf die Mitglieder der Gruppe. Denn unterjährig müssen beispielsweise die Wimpel erneuert oder der Hexenwagen gerichtet werden. „Aber für die jüngere Generation ist das hauptsächlich die Zeit zwischen der Fasnet“, bedauert die 52-Jährige. Die Engagierten seien meist die, die selbst aus Narrenfamilien kommen. „Denn da wird die Fasnet einfach auch unter dem Jahr gelebt.“
Als einzige Gruppe in der Narrenzunft Spritzen- muck haben die Ehinger Hexen eine offene Kindergruppe, für die alle Eltern ihre Kinder registrieren können. 180 Kinder stehen aktuell in der Liste. „Man muss nur einen Laufbändel holen.“Mit 16 können die Junghexen dann ihre Leihmasken bekommen und mit 18 einen Antrag stellen, um aufgenommen zu werden. „Aber die Chance ist groß, wenn man als Kind und Jugendlicher immer aktiv dabei war.“Elf junge Hexen sind dieses Jahr fest aufgenommen worden. 316 Mitglieder hat die Gruppe insgesamt. Die Vereinigung VSAN, zu der auch die Ehinger Zunft gehört, legt großen Wert darauf, dass den Kindern im Bereich der Mitgliedszünfte das Brauchtum vermittelt wird. Die Zunft geht daher auf die Schulen und Kindergärten zu. Alleine die Hexen bestreiten seit 24. Januar insgesamt 14 Einsätze. Sind die Wilden Weiber beispielsweise in den Kindergärten, sagt Elke Johannsen, dann wird gesungen, getobt und getanzt. „Das trägt Früchte. Eltern haben mich schon gefragt, ob es nicht ein Liederbuch der Narrenzunft gibt, weil die Kinder die Lieder oft nach Hause tragen, dort aber niemand mitsingen kann.“
Bis Aschermittwoch stehen unter anderem noch Termine in Triberg, Heigerloch, Kißlegg oder auch Munderkingen auf der Agenda. Ab dem Glombigen liegen bei Familie Johannsen die Teile des Häses schon gerichtet für jeden Tag im Badezimmer. „Damit wir nur noch reinschlupfen müssen, denn ab dann häufen sich die Termine.“
„Während der Fasnet gibt es keine Standesunterschiede.“