Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Nico Rosberg fehlt das Adrenalin
Der im Dezember zurückgetretene Weltmeister will künftig ein „Riesenfan“der Formel 1 sein
(SID/sz) - Dunkler Anzug statt Rennoverall, Mikrofon statt Lenkrad, Business-Messe statt Startaufstellung: Im Leben von Formel-1Weltmeister Nico Rosberg ist nichts mehr so, wie es bis vor zwei Monaten gewesen war. „Das alles ist natürlich eine große Lebensveränderung für mich“, sagte der 31-Jährige beim Sportbusiness-Kongress SPOBIS in Düsseldorf. Und er weiß, es wird Momente geben, „in denen es ein bisschen komisch wird – da bin ich sicher“. Auf der Couch, so viel steht fest, will und wird der Formel-1-Rentner Rosberg seine neu gewonnene Freizeit nicht verbringen. Sport und Ernährung spielen in seinem Leben weiter eine Rolle: „Ich behalte alles erst mal so bei, sonst kriege ich einen Bierbauch.“Und außerdem „brauche ich Adrenalin, das ich mir künftig in anderen Bereichen holen werde“.
Bei fünf, sechs Rennen live dabei
Die Formel E, eines der Lieblingskinder von Automobilsport-Weltverbandspräsident Jean Todt, wird keiner dieser Bereiche sein. „Nein, auf gar keinen Fall“, sagte Nico Rosberg, „wenn mich das reizen würde, dann wäre ich in der Formel 1 geblieben.“Dennoch lobt er die umweltverträgliche Serie mit den Elektroautos, in deren Startlisten etliche große Namen zu finden sind: „Mittlerweile geht es da richtig ab, Mercedes überlegt ja auch, dort einzusteigen. Ist schon ganz cool, diese Entwicklung zu beobachten.“Natürlich gilt Rosbergs Hauptinteresse aber weiterhin der Formel 1. „Ich bin und bleibe ein Riesenfan unseres Sports“, sagte der Familienvater. Anders als im vergangenen Jahr, als er sich phasenweise komplett abgeschottet hatte, „lese ich jetzt auch wieder alle News über die Formel 1“. Und ja, „so fünf, sechs Rennen pro Jahr möchte ich auch live vor Ort verfolgen, das ist doch klar“.
Beim SPOBIS hielt Rosberg die Laudatio auf die zweifache Paralympics-Gewinnerin Vanessa Low, die als erste Preisträgerin überhaupt den von der Familie Schumacher gestifteten „Keep Fighting Award“erhielt. Rosberg erinnerte in seiner Rede mit einigem Wehmut in der Stimme an seine Jahre bei Mercedes an der Seite von Rekordweltmeister Michael Schumacher. „Er hat einen Anteil an meinem Titel“, sagte Rosberg, „seine Einstellung, sein Kampfgeist, seine Entschlossenheit, das alles hat mich sehr inspiriert. Er hat das Team vorangeschoben, sodass es das beste aller Zeiten in der Formel 1 geworden ist. Es war eine Riesenzeit mit ihm.“
Nun also ist der Weltmeister wie Millionen anderer Fans nur noch Zuschauer; das wird Nico Rosberg irgendwie mehr und mehr bewusst. Am letzten März-Wochenende startet die Formel 1 in Melbourne in die Saison 2017 – „spätestens dann wird es ein bisschen komisch sein, wenn die Jungs dort am Start stehen und ich zu Hause vor dem Fernseher sitze“.
Wer in Melbourne beim Start ganz vorne stehen wird, darüber gibt es bei Mercedes-Champion Nico Rosberg keinen Zweifel: „Mercedes natürlich. Sie haben nach wie vor ein unglaubliches Team, und sie werden wieder ein starkes Auto hinstellen.“Für Lewis Hamilton und Valtteri Bottas. Nicht mehr für Nico Rosberg.