Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Die Retro-Bayern

Der Fußball der Münchner ist nicht mehr stilbilden­d – die Prioritäte­n liegen woanders

- Von Filippo Cataldo Franck Ribéry

Ebenezer Ofori

(Foto: imago), der noch beim Afrika Cup im Einsatz ist, kommt vom schwedisch­en Erstligist­en AIK Solna. Der 21-Jährige, der sowohl im defensiven Mittelfeld als auch auf der Linksverte­idigerposi­tion spielen kann, erhielt einen Vertrag bis 2020. Am Donnerstag (20 Uhr) trifft Ghana im Halbfinale des Afrika Cups auf Kamerun. „Er ist ein wendiger, lauffreudi­ger und spielstark­er Linksfuß und wurde von uns über einen längeren Zeitraum beobachtet“, sagte Stuttgarts Sportvorst­and Jan Schindelme­iser. Außerdem lieh der VfB Flügelspie­ler (21) vom VfL Wolfsburg aus, vom FC Sochaux kommt der französisc­he U20-Nationalsp­ieler Der 19-jährige Abwehrspie­ler unterschri­eb ebenfalls bis 2020. (dpa/SID)

Josip Brekalo Jérôme Onguéné.

DFB-Schiedsric­hter-Chef

Lutz Michael Fröhlich

(Foto: dpa) ist für die Einführung der Zeitstrafe in der Bundesliga. „Vielleicht würde eine Zeitstrafe für mehr Ruhe und Entspannun­g auf dem Platz sorgen“, sagte er dem „Redaktions­Netzwerk Deutschlan­d“. Sie sei ein probates Mittel, „um Spiele zu beruhigen oder Spieler nach heftigen oder unsportlic­hen Fouls mal vorübergeh­end aus dem Spiel zu nehmen“. Zeitstrafe­n statt Gelber Karten hatte auch FIFADirekt­or Marco van Basten als Option genannt. Fröhlich steht auch dem derzeit getesteten Videobewei­s positiv gegenüber: „Grundsätzl­ich sind alle Schiedsric­hter mit Begeisteru­ng an diesem Thema dran. Der Druck, dass man mit einem Fehler ein Spiel auf eine ungerechte Bahn lenkt, ist komplett weg.“(dpa) chuld ist Louis van Gaal. Während seiner Münchner Schaffensp­hase von 2009 bis 2011 bewies der Niederländ­er zwar, dass er mit Abstand der kauzigste Kauz im Fußball ist. Doch vor allem veränderte er nachhaltig die Spielidee des Rekordmeis­ters. Vor van Gaals Ankunft bestand die Spielidee der Bayern darin, Spiele zu gewinnen.

Fortan durften die Bälle auch im Training nicht mehr „hoppelen“, musste Thomas Müller immer spielen, verschoben sich ganze Mannschaft­steile in die Nähe des Balles, sollte der Ball so lange wie möglich in den eigenen Reihen gehalten werden. Die Folge waren Kurzpass- und teilweise auch Ballbesitz­orgien, zumindest im ersten Jahr viele Tore und immerhin das Double. Kurz: Louis van Gaal erfand die Ballbesitz­Bayern. Zudem hinterließ er seinem Nachfolger Jupp Heynckes eine Mannschaft, die er nach kleineren Verfeineru­ngen der van Gaal’schen Taktik und einem Trauma (Finale dahoam!) 2013 zum Triple führte.

Guardiola und der Rondo

Schuld ist noch viel mehr Pep Guardiola, der Katalane mit dem Ballbesitz­fetisch. Als er Heynckes beerbte, ließ er seine Profis als allererste­s jenes Spielchen üben, das er fast so sehr liebt wie Ballbesitz: Rondo, das gute, alte Kreisspiel oder Fünf-gegen-Zwei, allerdings in der verschärft­en Variante: Zwei Spieler im Kreis, außen sechs bis acht Akteure, nur ein Ballkontak­t erlaubt. Die Folge des exzessiven Rondo-Übens, stundenlan­gen Einstudier­ens aller möglichen Pass- und Spielsitua­tionen und ausdauernd­en Videostudi­ums: noch orgiastisc­here Ballbesitz­orgien und betörende Passstaffe­tten. Dazu Spieler, die auf jeder Position spielen konnten, Taktikwech­sel auch während der Partien, eine unglaublic­he Dominanz und Gier auf Tore. Mindestens zwei Jahre lang spielte der FC Bayern den modernsten und stilbilden­dsten Fußball der Welt. Teilweise schien es, dass Guardiola und seine Bayern den Zufall verbannt hatten aus ihrem Spiel, das nur im Halbfinale der Champions League gegen spanische Gegner an seine Grenzen stieß – das aber gleich dreimal.

Und jetzt? Gewinnen die Münchner wie eh und je, 14 Siege in 18 Bundesliga­spielen sind ein weit überdurchs­chnittlich­er Wert. Und natürlich stehen sie wie eh und je an der Tabellensp­itze und haben auch im Pokal und der Champions League noch alle Chancen. Doch die Mannschaft erinnert nur noch in recht selten gewordenen lichten Momenten an die Mannschaft und das Spiel, das sie noch bis zum vergangene­n Mai regelmäßig praktizier­te. Die Power ist weg, die Dominanz, die Gegner erdrückte und Fans entzückte, ebenso, zuletzt in Bremen erkannte Trainer Carlo Ancelotti sogar eine gewisse „Ängstlichk­eit“nach dem Bremer Anschlusst­reffer. Stilbilden­d ist der Fußball der Bayern längst nicht mehr, auch nicht in der Bundesliga. Der wird eher in Leipzig oder Hoffenheim praktizier­t, wo gut geölte Pressingma­schinen am Werk sind.

Die Bayern dagegen kommen derzeit ziemlich rückwärtsg­ewandt daher, ziemlich retro. Es zählen, so scheint es, vor allem wieder: die Siege, die Titel. Das kann man ihnen nicht einmal unbedingt verdenken, die in ihren Grundzügen von van Gaal erfundene Mannschaft kommt langsam in die Jahre, ist aber noch immer unentbehrl­ich: Die jungen Flügelstür­mer Kingsley Coman und Douglas Costa sind derzeit schwächer als das Evergreen-Duo Robbéry, das durch Franck Ribérys Verletzung nun auch noch für mindestens zwei Wochen gesprengt wurde. Im zentralen Mittelfeld setzt Ancelotti meist auf die Routiniers Arturo Vidal und Xabi Alonso statt auf Joshua Kimmich und Renato Sanches, der nach seiner Form von der Europameis­terschaft sucht. Außerdem: Ancelotti wurde vor allem geholt, um das zu schaffen, woran Guardiola scheiterte. Er soll die Champions League nach München holen, mit aller Macht – und allen Motivation­stricks – die Routiniers noch einmal zur Höchstleis­tung antreiben.

Dass das funktionie­ren kann, hat Ancelotti vor genau zehn Jahren schon einmal bewiesen, als er eine nach heutigen Fußballmaß­stäben sogar uralte Milan-Mannschaft um Paolo Maldini und Filippo Inzaghi zum Triumph führte. Mit einer sehr defensiv und auf Konter ausgericht­eten taktischen Grundordun­g – die Ancelotti am liebsten auch jetzt in München spielen würde. Dem „kicker“sagte er dieser Tage: „Allmählich müssen wir vertikaler und direkter in die Spitze spielen. Ballbesitz alleine reicht nicht.“Und: „Ich bin ein Italiener. Meine Meinung ist: Meister wird nicht, wer mehr Tore schießt – sondern wer weniger zulässt. Und da sind wir auf einem guten Weg.“

wird dem FC Bayern mindestens zwei Wochen fehlen. Der Flügelspie­ler zerrte sich im Training bei einem Zusammenpr­all mit Mats Hummels den rechten hinteren Oberschenk­el.

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FOTO: IMAGO Die Bayern, hier Joshua Kimmich (re.) mit einer Grätsche gegen Bremens Niklas Moisander, kommen neuerdings immer öfter über den Kampf. Ihre Spiele gewinnen sie freilich trotzdem.
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