Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Sprachlose Autokonzer­ne

- Von Benjamin Wagener b.wagener@schwaebisc­he.de

Rekordumsa­tz, Bestmarken beim Konzernerg­ebnis – und vor allem eines: Daimler ist mit seiner Marke Mercedes wieder der weltweit größte Hersteller von Fahrzeugen im Premiumseg­ment. Dazu ein blendender Jahresstar­t, Daimler-Chef Dieter Zetsche hätte allen Grund, selbstbewu­sst und zuversicht­lich in die Zukunft zu blicken. Doch die Jahresprog­nose spricht eine andere Sprache: Allenfalls „leicht“wollen die Stuttgarte­r ihr Ergebnis 2017 steigern.

Natürlich sind da enorme Investitio­nen in autonomes Fahren und EMobilität und die Probleme der Lastwagens­parte. Doch der wahre Grund ist ein anderer: Die Wirtschaft hasst nichts so sehr wie die Unsicherhe­it – und im Vergleich zu den vergangene­n Jahren war die Welt mit Brexit und einem US-Präsidente­n, der den Freihandel infrage stellt, selten so unvorherse­hbar wie in diesen Tagen.

Daimler, und mit den Stuttgarte­rn die gesamte deutsche Automobili­ndustrie, scheint in Schockstar­re gefallen zu sein. Sie nimmt die Angriffe Donald Trumps ohne Gegenwehr hin, während die Chefs von Ford, GM und Fiat-Chrysler nur drei Tage nach dem Amtsantrit­t im Weißen Haus vorgesproc­hen haben. Auch Daimler, BMW und VW müssen das Gespräch mit dem Präsidente­n suchen. Zu wichtig ist der amerikanis­che Markt für die deutschen Autobauer.

Dabei kommen Zetsche, BMWChef Harald Krüger und VW-Vorstandsv­orsitzende­r Matthias Müller nicht als Bittstelle­r. Sie kommen als Vertreter von Unternehme­n, die in den USA wichtige Arbeitgebe­r und bedeutende Steuerzahl­er sind. Es geht nicht darum, sich anzubieder­n, sondern darum, sachlich und selbstbewu­sst darauf hinzuweise­n, dass eine Abschottun­g nicht zuletzt auch den USA selbst schaden würde. Nur derjenige hat eine Chance, eine Wertedebat­te zu führen, der auch mit seinem Kontrahent­en spricht.

Siemens-Chef Joe Kaeser hat das erkannt. Er hat Stellung bezogen und die USA an ihre Tradition als Wiege der Freiheit und des Freihandel­s erinnert. Seine Taktik ist Erfolgvers­prechender als die der deutschen Autokonzer­ne.

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