Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Aktienkauf bringt Börsenchef Kengeter in Bedrängnis
Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Verdacht des Insiderhandels
- Es wird enger für Carsten Kengeter und seine Ambition, die fusionierte Deutsche und Londoner Börse führen zu können. Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Börse steht unter dem Verdacht, von Insidergeschäften mit Aktien seines Unternehmens profitiert zu haben. Der Aufsichtsrat verteidigt seinen Angestellten. Die Aufseher könnten selbst in Schwierigkeiten geraten.
Die Frankfurter Staatsanwaltschaft hatte Büro und private Wohnräume von Kengeter durchsuchen lassen. Sie ermittelt aufgrund von Hinweisen der Wertpapieraufsicht BaFin. Der Verdacht: Insiderwissen für eigene Geschäfte mit Aktien der Deutschen Börse genutzt zu haben. Wer wann was wusste, ist entscheidend. Kengeter hatte am 14. Dezember 2015 für 4,5 Millionen Euro Aktien der Deutschen Börse gekauft. Erst zwei Monate später, am 23. Februar 2016, machte die Börse ihre Fusionspläne öffentlich. Der Vorsitzende des Aufsichtsrats der Börse, Joachim Faber ergänzte, in der zweiten Januarhälfte 2016 hätten sich die Chefs von Deutscher und Londoner Börse auf Fusionsverhandlungen verständigt. Faber stellte sich vor Kengeter: „Die Vorwürfe sind haltlos.“
Die Staatsanwaltschaft hat aber andere Informationen. Sie weiß von Gesprächen, die die „Leitungsebenen“von Deutscher und Londoner Börse „im Zeitraum Sommer bis Anfang Dezember 2015“geführt haben. Es sei dabei um eine mögliche Fusion und um den Sitz der Börse gegangen. Demnach habe Kengeter im Dezember „in Kenntnis dieser bis dato nicht veröffentlichten Vertragsgespräche“Deutsche-Börse-Aktien gekauft. Das werte die Staatsanwaltschaft „als Insiderinformation im Sinne des Wertpapierhandelsgesetzes“, sagte Oberstaatsanwältin Nadja Niesen.
Die Deutsche Börse verweist auf die Vergütungsregelung mit Kengeter, wonach er bis Ende 2015 aus privaten Mitteln die Aktien kaufen musste, um ein gleich großes Aktienpaket als Gehalt zu bekommen. Der Aufsichtsrat hat die Vergütungsregelung für Kengeter am 23. September 2015 beschlossen. Zu einer Zeit also, als nach Informationen der Staatsanwaltschaft die „Leitungsebene“der Börse schon die geplante Fusion auslotete. Anzunehmen ist, dass der Aufsichtsrat über diese Gespräche informiert war und gleichwohl Vergütungsregeln abschloss, die Kengeter bis Ende Dezember unter Kaufdruck setzten.
Den „schnellen Euro“hat Kengeter nicht gemacht. Er muss die Aktien bis Ende 2019 halten. In Frankfurt wird nicht ausgeschlossen, dass Kengeter Ziel einer „Intrige“geworden sei.