Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Ein Mann greift nach den Sternen
Matthias Maurer ist der neue deutsche Astronaut bei der ESA
- Man sieht Matthias Maurer die Strapazen nicht an. Im November war er in Schweden, zum Überlebenstraining. 48 Stunden in der Wildnis, ohne Nahrung, ohne Zelt oder Schlafsack, bei Temperaturen bis minus neun Grad. Für seinen Traumberuf ging er an die körperlichen Grenzen. Nun geht der Traum in Erfüllung. Maurer tritt in das aktive Astronautenkorps der Europäischen Raumfahrtagentur ESA ein.
„Es war ein Wechselbad der Gefühle“, sagt er über die Anfänge dieses Traums bei der offiziellen Präsentation am Donnerstag im ESAKontrollzentrum in Darmstadt. Der 46-Jährige ist ein Spätberufener. 2008 bewarb er sich in der bislang letzten Auswahlrunde der ESA für das Astronautenprogramm und schaffte es bis unter die besten zehn Bewerber – von rund 8500 Kandidaten. Da die ESA aber nur sechs Astronauten einstellte, zog er den Kürzeren. Er ging als Mitarbeiter in den Dienst der ESA. Erst 2014 deutete sich an, dass es neue All-Flüge geben könnte. Der damalige ESA-Generaldirektor erinnerte sich an Maurer. „Er musste mich nicht zweimal fragen“, sagt der 46-Jährige.
Lust auf Abenteuer
Maurer strahlt mit jeder Faser seines Körpers aus, dass er große Lust auf dieses Abenteuer hat. Wie Alexander Gerst, der zweite deutsche Astronaut im aktiven ESA-Team, kann er sehr einnehmend über die Raumfahrt sprechen. Gerst wurde wegen seiner Tweets von der ISS als „Astro_Alex“im ganzen Land populär. Auf Maurer könnte Ähnliches zukommen. Geboren wurde er in St. Wendel im Saarland, machte dort auch sein Abitur. Er studierte im Saarland, in Großbritannien, in Frankreich und Spanien Materialwissenschaften und Werkstofftechnik. 2004 erhielt Maurer seinen Doktortitel. Vor dem Eintritt in die ESA arbeitete er für ein medizintechnisches Unternehmen.
Nun hat er den Sprung zum Astronauten geschafft. Eine konkrete Mission gibt es für ihn noch nicht. Das unterscheidet ihn von Gerst, der für 2018 fest gebucht ist. „Jeder ESA-Astronaut ist bislang auch geflogen“, sagt Maurer zuversichtlich. Im Training ist er schon eine Weile. Er lernt Russisch und Chinesisch. 2016 verbrachte er 16 Tage in einer Station unter Wasser in rund 20 Metern Tiefe.
Das Projekt simulierte, wie eine Marsmission aussehen könnte. Wer unten war, wusste, dass es 16 Stunden Druckausgleich brauchen würde, um aufzutauchen. „Das heißt: Man ist wirklich auf einem anderen Planeten. Alles dort unten wirkt fremd und unnatürlich. Und man weiß: Es gibt keinen schnellen Ausstieg“, sagt Maurer.
Bis der Mensch den Flug zum Mars wagt, dürfte Maurer allerdings zu alt sein – das liegt noch weit in der Zukunft. Das Thema begeistert ihn dennoch. Den Science-Fiction-Film „Der Marsianer“, in dem Matt Damon auf dem Mars zurückbleibt, ist für ihn ein „absoluter Klassiker“. Es geht um die Frage, wie man längere Zeit auf dem Mars leben kann – mit Wasser, Luft und Energie. „Bevor wir zum Mars fliegen, werden wir zum Mond fliegen. Und dort werden wir all diese Technologien testen“, sagt Maurer. Der Mond. Das wäre ein Ziel, das er sich vorstellen könnte.