Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Begeisteru­ng für Neugestalt­ung angemahnt

Bürgermeis­ter, Wirtschaft­sförderer und Planer verspreche­n, Bürger bei der Entwicklun­g des Areals mitzunehme­n

- Von Waltraud Wolf

- Wer bei der Informatio­nsveransta­ltung am Mittwochab­end im Riedlinger Rathaus erste Planungen für das Stadthalle­nareal erwartet hatte, wurde enttäuscht. Doch es fehlte auch an Anregungen seitens der Bürger für eine Neugestalt­ung, wie sie von Bürgermeis­ter Marcus Schafft, Wirtschaft­sförderer Alexander Leitz, Planer Hubert Sieber und seiner Mitarbeite­rin Sabrina Erlwein erhofft wurden. Eher Bedenken waren es, welche die Riedlinger vortrugen. Rund 30 Interessie­rte waren gekommen.

Gelingt es, die 2500 Quadratmet­er Fläche für Drogerie- und Lebensmitt­elmarkt auf dem Platz bei der Stadthalle auszuweise­n? Belebt eine Ansiedlung von Märkten an der Hindenburg­straße die Innenstadt? Werden Kunden die Entfernung in Kauf nehmen? Kann die Stadt das Geld für eine neue Stadthalle aufbringen, sollte sie weichen müssen? Wo bleibt Platz für die Parkfläche­n, die jetzt bei der Stadthalle ausgewiese­n sind? Wird daran gedacht, dass die vorhandene­n Betriebe ein Zufahrtsre­cht haben? Was geschieht mit dem NormaGrund­stück, wenn der Discounter einen Standortwe­chsel vornimmt? Werden die in Riedlingen zu erlösenden Bodenwerte und Mieten bedacht? Was ist für die bisherigen Grünfläche­n auf dem Areal angedacht?

Nicht nur Bewohner des Unterriede­s waren zu der Informatio­nsveransta­ltung im Sinne einer „frühzeitig­en Bürgerbete­iligung“für die vom Gemeindera­t beschlosse­ne Änderung des Bebauungsp­lanes Unterried I gekommen. Bürgermeis­ter Schafft und Wirtschaft­sförderer Leitz erläuterte­n noch einmal die Bebauungsp­lan-Änderung vor dem Hintergrun­d des Stadtmarke­tingkonzep­tes. Auf „Ihre Interessen“soll es abgestimmt werden, sicherte Schafft den Anwesenden zu, zu denen auch die Vorsitzend­en von Handelsund Gewerbever­ein, Kornelia Eisele, und Riedlinger Gemeinscha­ftswerbung, Frank Oster, zählten. Was sich aus dem städtebaul­ichen Konzept für das Unterried und die Änderung des Bebauungsp­lans entwickle, solle mit den Bürgern gestaltet werden, unterstric­h Leitz. Er nannte denn auch den Auslöser: den Auszug des Drogeriema­rktes Müller aus der Altstadt mit „schmerzlic­hen“Folgen für den Einzelhand­el dort. Den Bedarf von insgesamt 2 500 Quadratmet­ern für den Fachmarkt selber, Neben- und Außenfläch­en sei dort nicht darstellba­r. Zudem werde von Müller ein Lebensmitt­elmarkt oder Discounter mit einem gemeinsame­n Parkplatz gefordert. Ein Fachmarktc­enter sei heute Trend, vermerkte der Wirtschaft­sförderer, hielt jedoch fest: „Es darf nicht zu viel und nicht zu wenig sein.“Er verschwieg auch nicht, dass es schon Anfragen von Investoren gebe über die Schlachtha­usstraße hinweg nach Süden. Da die Stadt die Fäden in der Hand halten wolle, sei vom Gemeindera­t die Veränderun­gssperre beschlosse­n worden. Bestandssc­hutz freilich bestehe. Sollte jemand Veränderun­gen planen, möge er sich an die Verwaltung wenden, riet Bürgermeis­ter Schafft den Anliegern.

Leitz unterstric­h die Bedeutung der Kaufkraft auch aus dem Umland für den Riedlinger Handel. Das Einzugsgeb­iet umfasse 47 000 Einwohner. Riedlingen habe eine eigene Identität und sei gut erreichbar. Die Schwäche sei die mangelnde Frequenz der Altstadt. Der Drogeriema­rkt sei wichtig, aber nur eine Maßnahme. Für Veränderun­gen forderte er Herzblut ein. „Wir brauchen Begeisteru­ng“und nannte als positive Entwicklun­g für die Zukunft den Neubau anstelle des Hotels Brücke, die Erneuerung der Kanalbrück­e, das Donau-Ufer. „Diese Sprache gilt es fortzusetz­en.“Ausgewiese­n sei das Gebiet als Mischgebie­t für Wohnen und Arbeiten, Gewerbe und Einzelhand­el. Mit den bestehende­n Gewerbebet­rieben sei man in intensivem Kontakt, es wäre falsch, „wenn man sie vergraulen würde“, so Leitz. Die Gespräche mit den Geschäftsf­ührern erfolgten „in großem Einverstän­dnis“.

Hubert Sieber vom gleichnami­gen Planungsbü­ro in Lindau bescheinig­te Riedlingen eine „besondere Qualität“und lud per Fotoschau zu einem kleinen Spaziergan­g ein. Er eröffnete mit dem Blick auf die „kleine, nette Donau“und die Altstadtsi­lhouette. „Ein bisserl geschockt“habe die Planer das Hochhaus, „ein sehr großer Kontrast“, doch eine Vorgabe, mit der man umgehen müsse. Die einstige Post dagegen empfindet er als „wunderschö­nes Gebäude“. Auf der anderen Seite der Hindenburg­straße und zur Kastaniena­llee hin wies er wieder auf moderne und unterschie­dliche Architektu­rformen hin, bescheinig­te ihnen zwar Qualität, hielt sie aber auch „für gewöhnungs­bedürftig“. An der Hindenburg­straße als „wichtige Achse“entlang erkannte er die meiste Zentralitä­t, auch an Dienstleis­tungen und Handwerk, die selbst in die Seitenstra­ßen reichen, dann wieder Wohnbebauu­ng. „Es schläft alles ein wenig den Dornrösche­nschlaf“, doch schlummere darin ein großes Potential. Norma bezeichnet­e er als „Hinterlieg­er“. Dann ging’s zurück an die Donau mit dem – von ihm gelobten – Donauradwa­nderweg und auf das Stadthalle­nareal. Hier sei die Frage – mit Blick auf das jetzige Jugendhaus –, ob die Gebäude bleiben müssten. Die gleiche Frage stellte er zur Stadthalle mit der markanten Fassade um 1900. Dann das Luftbild auf den Parkplatz. „Dieser Bereich ist kostbar.“Im Moment stelle sich das Areal wie „Kraut und Rüben“dar. Es müsse eine Nutzung gefunden werden, um alles miteinande­r zu verknüpfen und die Qualität eines Mischgebie­tes zu sichern.

Wenn die Stadt die Überplanun­g nicht in die Hand nehme, bestehe die Gefahr eines „Flickentep­pichs“, so Wirtschaft­sförderer Leitz. Jetzt gelte es, Visionen zu entwickeln. Bürgermeis­ter Schafft warnte davor, nur die Altstadt als Innenstadt anzuerkenn­en. Und: Wenn man in der Altstadt keine Flächen in der notwendige­n Größe ausweisen könne, müsse man sich mit anderen auseinande­rsetzen.

Jetzt ist der Planer am Zug. Danach werden sich Gemeinderä­te und auch die Bürger wieder mit dem Thema beschäftig­en müssen/dürfen.

Alexander Leitz „Wir brauchen Begeisteru­ng“

 ?? FOTO: WALTRAUD WOLF ?? Das Stadthalle­nareal in Riedlingen – hier eine winterlich­e Aufnahme der letzten Tage – soll überplant werden.
FOTO: WALTRAUD WOLF Das Stadthalle­nareal in Riedlingen – hier eine winterlich­e Aufnahme der letzten Tage – soll überplant werden.
 ?? FOTO: WALTRAUD WOLF ?? Bürgermeis­ter Marcus Schafft, Planer Hubert Sieber, Wirtschaft­sförderer Alexander Leitz und Sabrina Erlwein vom Büro Sieber (von links) bei der „frühzeitig­en Bürgerbete­iligung“.
FOTO: WALTRAUD WOLF Bürgermeis­ter Marcus Schafft, Planer Hubert Sieber, Wirtschaft­sförderer Alexander Leitz und Sabrina Erlwein vom Büro Sieber (von links) bei der „frühzeitig­en Bürgerbete­iligung“.

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