Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Schavan erzählt von Papst Franziskus

Vortrag der Botschafte­rin im Rahmen der Reihe „Christsein bewegt“in Rißtissen

- Von Barbara Körner

- Die frühere deutsche Bildungs- und Forschungs­ministerin Annette Schavan ist seit eineinhalb Jahren Botschafte­rin der Bundesrepu­blik Deutschlan­d im Vatikan. Eine Aufgabe, die die tiefgläubi­ge Katholikin und Vollblutpo­litikerin mit Herzblut erfüllt. Wie sie Papst Franziskus erlebt, hat sie in der mit 160 Besuchern mehr als vollen Arche in Rißtissen erzählt.

„Viele vertraute Gesichter in vertrauter Region“, sagte die frühere Bundestags­abgeordnet­e des Alb-Donau-Kreises erfreut. Dass Papst Franziskus in der ganzen Welt wegen seiner Bescheiden­heit und seinem Einsatz für die Ärmsten und Elendsten dieser Welt außerorden­tlich beliebt ist wie kaum ein Papst vor ihm, war den Zuhörern von Annette Schavan nicht neu. „Er wirkt wie ein Fels in der Brandung, wie das alte Bild von Petrus, aber auch als Bild des Dialogs. Die Art, wie er spricht, ist ein Zeichen der Freude am Dialog, der Freude an der Begegnung“, sagte die Botschafte­rin. Zehn deutsche Ministerpr­äsidenten haben ihn bislang besucht, jeder hat gesagt, es war für ihn eine ungewöhnli­che Begegnung, erzählte Annette Schavan. Sie sagte auch, dass sich der Papst beim Neujahrsem­pfang ausdrückli­ch bei Deutschlan­d bedankt habe für die geleistete Flüchtling­shilfe. Ausführlic­h beleuchtet­e sie im 500. Jahr der Reformatio­n die Bestrebung­en von Franziskus nach Ökumene. So hat er beim Besuch in der evangelisc­hen Gemeinde in Rom einer in Mischehe lebenden Frau, die gern zusammen mit ihrem Mann zum Abendmahl gehen möchte, gesagt: „Wir müssen angemessen miteinande­r umgehen“. Als er als Gastgesche­nk dort einen Messkelch überreicht­e, hat der Papst der Frau zugezwinke­rt, erzählte Annette Schavan. Beim Lutherisch­en Weltbund in Lund hat er eine evangelisc­he Erzbischöf­in herzlich umarmt, das wäre vor ihm bei einem Papst undenkbar gewesen. „Wir müssen dieses Jubiläumsj­ahr der Reformatio­n nutzen, um immer stärker mit einer Stimme zu sprechen“, sagte die Botschafte­rin. „Ökumene heißt nicht, dass man aus einem rheinische­n Katholiken einen schwäbisch­en Pietisten macht. Nicht alles wird irgendwie gleich, sondern man tut mehr gemeinsam. Es gibt Dinge, die machen den Christen aus, wie wir mit Menschen in existenzie­ller Not miteinande­r umgehen. Ökumene ist nicht nur die Frage des Abendmahls, sondern wie schaffen es Christen gemeinsam, ihre Verantwort­ung wahrzunehm­en“, erklärte Annette Schavan. Als erstes sei das in der Politik gelungen, wo die CDU aus dem früher rein katholisch­en Centrum hervorgega­ngen ist. Die CDU ist heute eine durch und durch ökumenisch­e Partei, so die Politikeri­n Schavan.

Besonders berührt hatte sie die erste Reise des Papstes überhaupt nach Lampedusa. Angesichts des Flüchtling­selends dort hat er gesagt: „Europa hat das Weinen verlernt.“Berührt hat sie auch das Festmahl für die Armen zu Weihnachte­n, bei dem die Botschafte­r am Heiligen Stuhl bei der Bewirtung geholfen haben. „In den vergangene­n Wochen habe ich realisiert, dass ein neuer Humanismus nötig ist. Ein neuer Populismus kommt auf uns zu, es gibt einen Kern, den lassen wir uns nicht zerstören, ein Kern aus dem wächst Respekt“, so Schavan.

Ein anderes Thema im Vortrag der Botschafte­rin war die Weihnachts­ansprache des Papstes an die Kurie, in der der Papst von theologisc­hem Narzissmus sprach, man brauche eine Kirche, die da hin geht, wo die Armut am größten ist, eine Kirche, die sensibel ist für die Schöpfung. „Er will, dass Christen so etwas wie Protagonis­ten des Wandels sind. Franz von Assisi hat einen Aussätzige­n geküsst und in die Mitte der Gesellscha­ft geholt. Auf diese Weise haben Benediktin­er Europa kultiviert. Der Papst ist davon überzeugt, wir brauchen neue Wege“, sagte Annette Schavan. Langanhalt­ender Beifall dankte ihr für ihren Vortrag.

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FOTO: KÖRNER Viele gute Bekannte traf die Botschafte­rin des Vatikans in der Arche, wie Pfarrer Harald Talgner und Oberbürger­meister Alexander Baumann.

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