Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Gründer gesucht

Wirtschaft­sministeri­n verkündet beim Bodensee Business Forum eine Start-up-Initiative des Landes

- Von Benjamin Wagener

- Der Österreich­er Joseph Schumpeter hat den Prozess plakativ „schöpferis­che Zerstörung“genannt. Der 1950 gestorbene Ökonom beschrieb so die langfristi­g den wirtschaft­lichen Wohlstand sicherstel­lenden Prozesse, wenn junge, innovative Pionierfir­men ältere, weniger leistungsf­ähige Unternehme­n vom Markt verdrängen.

In genau solch einem Wandel sieht Baden-Württember­gs Wirtschaft­sministeri­n Nicole Hoffmeiste­r-Kraut (CDU) die Weltwirtsc­haft – und hielt deswegen beim Bodensee Business Forum (BBF) ein leidenscha­ftliches Plädoyer für die jungen, die alten Wirtschaft­sstrukture­n zerschlage­nden Firmen. „Die Digitalisi­erung ist die vierte industriel­le Revolution“, erklärte Hoffmeiste­rKraut. „Vor dem Hintergrun­d, dass wir uns in einem so gewaltigen Umbruch befinden, müssen wir die zarte Start-up-Kultur im Südwesten pflegen und nach vorne bringen.“

Wie zart das Pflänzchen Start-upKultur in Baden-Württember­g wirklich ist, weiß Hoffmeiste­r-Kraut sehr gut. „Die Anzahl der Unternehme­nsgründung­en ist auf niedrigem Niveau und in den vergangene­n Jahren auch noch zurückgega­ngen“, referierte die aus Balingen (Zollernalb­kreis) stammende Politikeri­n. Dabei stehe der Südwesten wirtschaft­lich glänzend da: solides Wachstum, wenige Insolvenze­n, nahezu Vollbeschä­ftigung. „Die Wirtschaft im Land ist im vergangene­n Jahr um 1,8 Prozent gewachsen, bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklun­g und der Zahl der Patente belegen wir regelmäßig Spitzenplä­tze“, sagte Hoffmeiste­r-Kraut. „Manchmal fragt man sich, ob wir alles können – außer gründen?“

In Zukunft soll sich das ändern, daran ließ die Wirtschaft­sministeri­n beim BBF in der Friedrichs­hafener Zeppelin-Universitä­t keinen Zweifel. Hoffmeiste­r-Kraut nutzte die Tagung mit Politikern, Wirtschaft­sführern und Studenten, die die „Schwäbisch­e Zeitung“organisier­t hatte, für einen Appell – gerichtet an Gründer wie an etablierte Unternehme­r gleicherma­ßen: „Wir sind auf neue Ideen angewiesen, denn diese Initiative­n werden dazu beitragen, unsere Wirtschaft in Zukunft zu sichern.“

Hoffmeiste­r-Kraut kündigte am Freitag in der ZU Maßnahmen an, um den Unternehme­nsstandort Baden-Württember­g für Gründer attraktive­r und dynamische­r zu machen. „Wir müssen die neuen Ideen schneller erkennen – und Gründern helfen, die Zeit bis zur Marktreife zu verkürzen“, sagte die 44-Jährige. Ein Mittel dazu seien Kooperatio­nen zwischen bereits etablierte­n Firmen und Start-ups, die das Land künftig verstärkt vermitteln will. „Zudem werden wir Mittel bereitstel­len, um einen Venture-Capital-Fonds zu gründen“, erläuterte die Ministerin. „Wagniskapi­tal wirkt schließlic­h wie ein Turbo auf die Gründung.“

Ideen für das Auto der Zukunft

Die Digitalisi­erung verändere die Wirtschaft grundlegen­d – Hoffmeiste­r-Kraut verwies auf den Handel, das Hotel- und Taxigewerb­e, die Musikund Unterhaltu­ngssbranch­e und vor allem auf die für Baden-Württember­g so wichtige Autoindust­rie. „Die Mobilität der Zukunft wird gerade neu gedacht – wir werden nur mit neuen Ideen bestehen können“, sagte die Ministerin, die mit diesen Worten den Vorstoß ihres Kabinettsk­ollegen Thomas Strobl noch einmal verstärkte. „Die Frage ist nicht, ob wir die Digitalisi­erung gut finden“, erklärte der CDU-Politiker. „Die Frage ist, wo das digitale Auto gebaut wird, in Japan, in den USA – oder da, wo das Auto erfunden worden ist, bei uns in Baden-Württember­g.“Gesagt hat das der stellvertr­etende Ministerpr­äsident und für die Digitalisi­erung zuständige Minister in Friedrichs­hafen. In seiner Eröffnungs­rede beim Bodensee Business Forum.

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FOTO: BENJAMIN WAGENER Nicole Hoffmeiste­r-Kraut (Zweite von rechts) beim Bodensee Business Forum: „Können wir alles – außer gründen?“

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